Liebe Viola!
Ich möchte dich fest in den Arm nehmen!
Deine Gefühle kommen mir sooo bekannt vor... so sehr, dass mir eben ganz schwer ums Herz wurde und ich erst mal eine kurze Pause zwischen lesen und schreiben hier brauchte.
Ich finde es bewundernswert ehrlich, dass du hier deine Gefühle so offenbarst.
Auch das gehört in unser Forum, auch das gehört zu Hausgeburten. Leider.
Nicht immer läuft es so wie man es sich wünscht und verdient hätte. Dazu sind oftmals auch zu viele Personen involviert.
Dein Freund hat seine eigene Vorgeschichte, schon mal eine Geburt erlebt. Wer weiß, wie sehr ihn diese traumatisiert hat.
Da spricht er mit einem Satz seine ganzen Ängste aus und du beziehst sie auf dich.
Bitte, bitte, nimm dir das nicht so zu Herzen.
Du bist eine starke Frau, du warst mitten in der Geburt, bestimmt hast du eine unglaubliche Kraft ausgestrahlt, als er den Raum betrat.
Er hat den Weg nicht gemeinsam mit dir beschritten, sondern ist als Außenstehender dazugekommen.
Das ist immer störend, reißt immer raus. Und wenn dann noch ein persönlicher Spruch dazu kommt...
Was deine Hebamme betrifft, tja...
Irgendwie habt ihr von Anfang an nicht richtig zusammengepasst und sie hat dich verunsichert und eigene Ängste aufgedrückt.
Andererseits hat sie auch eine gute Funktion gehabt. Du brauchtest jemand an den du die Verantwortung, zumindest zeitweise, abgeben konntest. Sie hat auch die richtigen homöopathischen Mittelchen gegeben, dich also doch gut beobachtet.
Den Druck, das antreiben und Hektik verbreiten, kann ich auch nicht verstehen. Vielleicht hatte sie das Gefühl, das würde dir helfen. Damit die Geburt schnell beendet wird und du dein Baby im Arm halten kannst.
Vielleicht hat sie dein gequältes Gesicht, deine Schreie und dein Klagen so sehr berührt, dass sie dir damit helfen wollte?
Ich erkenne da ganz viel Eigenes drin wieder. Dieses zeitweise Hilfe brauchen, und dann plötzlich, weiß man doch wieder alleine weiter.
Das ist für Außenstehende nur einfach nicht zu erkennen.
Teilweise wandelt sich das ja von Wehe zu Wehe, richtig?
Bei mir war es zumindest so. Beim letzten Kind waren die Presswehen unerträglich. Schmerzhaft, krampfartig, es ging mir viel zu schnell. Ich "konnte", nein musste, mich aus allen Körperöffnungen gleichzeitig entleeren. Kein Spaß, wirklich nicht!
Dabei brauchte ich Hilfe, gleichzeitig war es mir peinlich ohne Ende.
Und nur eine Wehe später, als der Kopf minimal tiefergetreten war, war diese Szenario plötzlich vorbei, ich musste ihn nur noch herausschieben.Aber dazu hätte ich eine andere Position gebraucht, um ihn selber entgegen zu nehmen.
Aber zu spät, die Hebamme griff nach dem Kind, entband mich.
Woher sollte sie auch erkennen, was ich fühlte?
Anhand unseres Videos kann ich die Eindrücke, die sie von außen auf mich hatte, etwas nachvollziehen.
Und dann diese Enttäuschung über das unwiderbringliche Erlenis, ja das kenne ich auch zu gut.
Es hat mich lange, lange Zeit beschäftig. Und ich habe viele Tränen darüber vergossen.
Auch mein Mann sagte immer wieder nur, es wäre ja nun vorbei (gerade da liegt doch das Problem!) und ich solle doch froh über das gesunde Baby sein. War ich ja auch.
Ich konnte und wollte so nicht abschließen und bin jetzt auch deshalb wieder schwanger.
Erst seitdem ich die Chance auf eine Widergutmachung spüre, kann ich die Geburt, so wie sie gelaufen ist (auch durch meine Entscheidungen beeinflusst) besser annehmen.
Ich spüre, dass ich nicht grundsätzlich versagt habe, und das bei allen Geburten tun werde. Sondern, dass es viele Puzzlesteinchen waren, die die Geburt zu dem gemacht haben, was sie war.
Gleichzeitig mahnt mich dein Bericht, und das damit verbundene schmerzhafte Erinnern, sehr daran, diesmal nicht ähnliche Fehler zu begehen. Sondern ganz bei mir zu bleiben. Deshalb kommt für mich deine Geschichte gerade rechtzeitig. Vielen Dank dafür!
Was kann ich dir raten? Zeit nehmen, drüber reden, hier schreiben, trauern. Und jetzt noch nicht entscheiden, wie es weitergeht!
