„Wenn die Blätter rot werden...
….dann bekommen wir ein Baby!!!“
Das habe ich meinem dreijährigen Sohn erzählt und wir haben uns alle sehr darauf gefreut – und in den Tagen vor der Geburt die roten Blätter als Boten des kommenden freudigen Ereignisses gesammelt.
Wir hatten einen sehr, sehr warmen Sommer; Junior hat viel im Planschbecken gespielt und wir waren häufig im Freizeitpark, was vor allem Junior sehr genossen hat. Bei einem dieser Ausflüge Anfang August verknackste sich mein Mann seinen Fuß so unglücklich, dass er etwa 8 Wochen lang krankgeschrieben war. Diese Zeit hat uns als Familie sehr gut getan. Ca. 8 Wochen vor dem Termin begannen auch die Sommerferien, so dass ich (mit einem lachenden und weinenden Auge) von der Schule Abschied nehmen und mich endlich dem Nestbautrieb hingeben konnte. Ich habe die letzten Umzugskisten und Babykleidung ausgepackt usw., das Haus wohnlich eingerichtet und alles für die Geburt des neuen Erdenbürgers vorbereitet. Mein Stichdatum war der Schwangerschaftstag 38+1, weil Junior an dem Tag – für mich damals überraschend – geboren ist. Ich habe zwar gewusst, dass sich dieses Kind mehr Zeit lassen wird, rechnete doch eher mit einem Augustbaby – obwohl ich mir sehr ein Septemberbaby wünschte. Septembermenschen sind ganz besondere Menschen!
Es nahte der 1. September und wir freuten uns, dass es ganz bald soweit sein wird! Ich war bis dahin sehr geduldig und genoss jeden einzelnen Tag in dieser Schwangerschaft. An diesem Tag bohrte mein Mann die letzten Löcher, so dass auch auf seiner To-Do-Liste nichts Dringliches mehr stand, und er meinte, dass das Baby doch jetzt endlich kommen könnte!
An diesem Tag habe ich auch wie in den vergangenen Tagen einen ausgiebigen Spaziergang mit Junior gemacht, Brombeeren gepflückt und rote Blätter gesammelt. Bis zuletzt war ich in dieser Schwangerschaft aktiv, fit – und wie mir viele bestätigten – das blühende Leben (ob es daran lag, dass die Schwangerschaft im Sommer stattfand oder es ein Mädchen war??)
Es zog zwar immer wieder mal in meinem Unterleib, aber der Bauch wurde nicht so hart, wie ich es von der ersten Schwangerschaft her kannte.
An diesem Tag war mir zum ersten Mal richtig langweilig und ich wusste nicht, was ich sonst noch anstellen könnte. Spätnachmittags puzzelte ich mit Junior und machte zum Abendbrot einen Riesentopf Kartoffelpüree. Um 20 Uhr musste ich urplötzlich dringend aufs Klo kombiniert mit Unterleibsziehen. Hier kam mir der erste Gedanke, dass es sich vielleicht um den Geburtsbeginn handeln könnte, weshalb ich diese Uhrzeit im Nachhinein auch als Geburtsbeginn markiert habe.
Ich sagte Junior noch Gute Nacht und versprach ihm, dass das Baby schon bald aus der Kugel herauskommen würde. Ich machte mir ein heißes Bad in der Hoffnung, bald zu erfahren, ob es sich nur um Vorgeplänkel handelte oder ob es wirklich der Beginn der Geburt war. Ich wusste, dass gerade Mehrgebärende oft viele Tage vor der Geburt Vorwehen haben, und habe mich für diese Geburt auch darauf eingestellt. Somit wollte ich mir nicht zu früh Hoffnung machen. Ich genoss das heiße entspannende Bad und freute mich, dass die leichten Wehen immer wiederkehrten. Ich streichelte meinen Bauch und redete mit meinem Baby. Freudige Erwartung und aufgeregtes Gespanntsein auf das, was jetzt auf mich zukommt, erfassten mich. Den Abend verbrachte ich mit meinem Mann und wir schauten uns eine Serie an. Während der allabendlichen Bauchmassage wurde der Bauch immer wieder spürbar hart, aber die Wellen waren ganz leicht. Erst die letzten Wehen musste ich stehend veratmen. Wir riefen meine Hebamme an und sagten ihr Bescheid, dass es sich wahrscheinlich um den Geburtsbeginn handelt und wir sie evtl. noch in dieser Nacht zu uns rufen werden. Mein Mann kontrollierte auch nochmal den Geburtspool, pumpte noch nach und bereitete alles vor, falls es in dieser Nacht soweit wäre.
Mir war es wichtig, für die Geburt ausgeruht zu sein, deshalb drängte ich meinen Mann dazu, schon bald schlafen zu gehen. Während er bald selig schlief, wurde ich immer wieder von Wehen aufgerüttelt und vom Schlafen abgehalten. Die Wehen kamen in Abständen von etwa 20 Minuten und ich versuchte, sie auf dem Bett im Vierfüßler zu veratmen, was aber immer unbequemer wurde. Ich versuchte die Wehen am Bettrand zu veratmen, aber irgendwie war alles nicht das, was ich brauchte. Ich versuchte es im Tuch hängend, was ich während der letzten Geburt ja so sehr geliebt habe, aber auch darin fühlte ich mich nicht wohl. Ich tigerte durch das Haus auf der Suche nach einem Plätzchen, wo ich mich wohlfühlen könnte, fand aber nichts. Das Schlafzimmer war zwar gemütlich, aber die Bettkante sehr unbequem, da unten noch ein Zusatzstück der Matratze fehlte. Außerdem schlief mein Mann und ich wollte ihn nicht wecken. Mir wurde auch plötzlich ziemlich kalt, so dass ich mir über meinen Schlafanzug einen dicken Pulli und meinen warmen Morgenmantel überzog. Auch waren meine Füße plötzlich sehr kalt und ich kramte zitternd unter Wehen im Kleiderschrank nach dem neuen Paar warmer Wollsocken, die ich endlich in der sicherheitshalber gepackten Kliniktasche fand. So eingemummelt mit 3 Paar Socken an den Füßen wurde mir schön warm, aber ich fing an zu zittern und bekam Heißhunger. Fiebrig suchte ich mir die Dinkel-Kümmel-Cracker und verschlang die ganze Dose im Nu. Danach ging es mir besser. Mittlerweile saß ich im schummrigen Licht der Salzsteinleuchte im Wohnzimmer und schmökerte zwischen den Wehen immer wieder in den mutmachenden Hausgeburtsberichten aus dem „Luxus Privatgeburt“. Während der Wehen fand ich jedoch keine bequeme Position und probierte verschiedene Stellungen aus, die mir jedoch alle nicht zusagten. Mich lockte der bereitstehende Pool, den ich noch gar nicht ausprobiert hatte. Doch ich hatte Hemmungen, meinen Mann zu wecken, der seinen Schlaf ja auch dringend brauchte – außerdem wusste ich ja nicht, ob mir der Pool überhaupt zusagen würde. Mittlerweile waren die Wehen jedoch sehr knackig und kamen schon alle 2 Minuten. Sie fühlten sich aber irgendwie uneffektiv an wie „wilde Wehen“. Jedenfalls weckte ich ca. um halb 2 Uhr meinen Mann, der sofort aufgeregt senkrecht im Bett saß, und wie aus der Pistole geschossen sagte „Ich habe geträumt, dass das Baby zwischen 3 und 4 Uhr kommt!“. Ich musste auflachen und nahm ihn nicht ernst. Ich sagte, dass die Wehen sich noch nicht nach Geburt anfühlten, obwohl sie heftig seien und dass er vielleicht nachmittags zwischen 3 und 4 Uhr meine. Was für eine grauslige Vorstellung in dem Moment, noch sooo lange Wehen zu müssen. 3-4 Uhr nachts schien doch angenehmer zu sein aber irgendwie unrealistisch.
Mein Mann befüllte jedenfalls den Pool und „Ahhh!“ der Entspannungseffekt setzte bei mir ein. So angenehm und entspannend wirkte das warme Wasser, so weich und bequem der Pool und trotzdem geräumig genug (La Bassine maxi), so dass ich mit meinen 178cm darin während der Wehen bequem schwimmen und turnen konnte. Die Wehen kamen mittlerweile nur alle 7 Minuten und ich entspannte mich sehr. Auf dem Tisch leuchteten Kerzen, die Salzlampen verströmten warmes Licht, mein Lieblingsduft verbreitete eine schöne Atmosphäre und beruhigende chinesische Entspannungsmusik lullte mich ein, so dass ich in den Wehenpausen immer wieder einschlief. Eigentlich gefiel es mir so ganz gut und ich wollte meine Hebi noch nicht dabei haben. Vielleicht war ja alles nur ein Fehlalarm? Wer weiß?? Doch mein Mann rief A. an und ich konnte es schon bald kaum erwarten, bis sie endlich kam. Für ihre lange Anreise brauchte sie über eine Stunde und ich war froh, als sie endlich da war. Ich wollte sofort untersucht werden, war ich doch neugierig, ob es sich wirklich um die Geburt handelte oder ob es noch Tage dauern würde. A. lachte nur und meinte, dass eine Untersuchung keine Eile habe und wir das immer noch machen könnten. Also übte ich mich in Geduld, entspannte mich und döste in meinem halbwachen Zustand. Die Wehen kamen regelmäßig, waren jedoch gut zu ertragen. Ich saß nackt im Pool, nahm bewusst meine Weiblichkeit wahr und genoss es sehr, meinen Körper so während der Geburt zu spüren. Während der gesamten Geburt hatte ich die Hände auf meinem Bauch und kommunizierte mit meinem Baby. Ich wusste, dass es ihm gut geht, dass es ebenso ruhig und entspannt ist wie ich und dass es sich auf die baldige Geburt freut. A. machte es sich auf dem Sofa bequem und schmökerte in dem „Luxus Privatgeburt“ und im „Geburtshilfliche Notfälle“, was meine aktuelle Lektüre gewesen war. Sie unterhielt sich leise mit meinem Mann und ihr gemeinsames Lachen riss mich immer wieder aus der Trance. Begleitet von diesem Sprechsingsang sank ich jedoch immer wieder zurück in diesen halb unbewussten Zustand zwischen Schlafen und Wachen, zwischen Bewusst-Sein und Bewusst-Los – an irgendeinen Ort zwischen Himmel und Erde, an dem nur mein Baby und ich existierten.
Immer wieder hatte ich Stuhldrang, der mich dazu zwang, den Pool zu verlassen und die warme Toilette im oberen Stockwerk aufzusuchen. Sobald ich das warme Wasser verließ, jagte eine Wehe die andere und es war kaum auszuhalten, so dass ich immer wieder froh war, ins warme Wasser einzutauchen. Unvorstellbar, dass ich eine Geburt an Land ausgehalten habe! A. meinte nachher, dass diese Landgänge ganz gut gewesen seien, weil sie die Wehentätigkeit immer wieder angestupst hätten. Bei irgendeinem dieser Toilettengänge untersuchte mich A. und stellte einen geöffneten Muttermund bei 3-4 cm fest, worüber ich mich einfach freute. Also ist es wohl doch die Geburt. Oder nicht??
Auf der Toilette schaute ich auch immer wachsam nach blutigen Spuren des Schleimpropfes, aber es war nichts zu sehen. Nach einem weiteren Toilettengang um 5 Uhr hörten die Wehen plötzlich einfach so auf. Nichts. Alles war weg. Wie weggeblasen. Ich war ein wenig irritiert und auch enttäuscht. Dann aber auch erleichtert. A. schlug mir vor, nicht lange zu zögern, sondern die Zeit zum Schlafen zu nutzen. Mir war die Situation ein wenig peinlich und ich weiß noch, wie ich mich bei A. entschuldigte, dass ich sie um ihren Nachtschlaf beraubt habe und sie die lange Fahrt nur wegen eines Fehlalarms auf sich genommen habe. Ich bot ihr unser Gästesofa im Dachgeschoss an und wenige Minuten später schlief ich tief und fest. Genau diese Pause hat mein Körper gebraucht und ich habe ein wenig den versäumten Nachtschlaf nachgeholt.
Fast 1 ½ Stunden später um halb 7 Uhr weckte mich die nächste Wehe, die ich gut auf den Vieren im Bett veratmen konnte. 20 Minuten später die nächste Wehe. Na, bei dem Tempo kommt das Baby ja erst morgen, dachte ich noch. Dabei hatten alle gesagt, dass die zweite Geburt nicht so lange dauern würde, auch A. hatte mir eine kürzere entspannte Geburt prophezeit.
Junior wurde bald auch wach, freute sich, dass Mama jetzt „Ahhh“ machen muss, weil das Baby bald kommt und mein Mann machte ihn für den Kiga fertig. Während er ihn zum Kiga brachte, untersuchte A. auf meinen Wunsch meinen Muttermund, der (immer noch) bei ca. 4cm. geöffnet war. Ich ließ mich davon jedoch nicht demotivieren und war gut gelaunt. Noch während der Untersuchung und des Gesprächs mit A. kamen die Wehen immer öfter so etwa im Abstand von 7-10 Minuten. Ich telefonierte mit meinem Mann und bestellte bei ihm ein Frühstück von unserem Lieblingsbäcker (der übrigens Deutschlands bester Bäcker geworden ist Ich war sogar in der Lage ein weiteres Telefongespräch anzunehmen und mit dem Möbelhaus wegen eines bestellten Möbelstücks zu telefonieren.
Mich zog es ins Wohnzimmer, doch das Wasser im Pool war abgekühlt und ich veratmete die Wehen im Stehen. Bald frühstückten wir ruhig in fröhlicher Runde und mein Mann schmierte mir mein Lieblings-Doppelback-Brot mit Butter und Marmelade. Mittlerweile konnte ich jedoch nicht mehr ruhig sitzen, da die Wehen immer öfter kamen und ich um den Frühstückstisch tigernd mein Brot kauend die Wehen veratmete. Das Wasser im Pool wurde nur langsam warm, was mir aber völlig egal war, da ich nach diesem entspannenden Ort lechzte. Also schüttete mein Mann Töpfe mit kochendem Wasser in den Pool und ich genoss es, während der Wehen das heiße Wasser aus dem Schlauch an meinem Kreuzbein zu spülen. Die Wehen veratmete ich im Pool zumeist halb auf dem Rücken liegend, die Beine weit gespreizt oder im Vierfüßler, aber immer das Becken kreisend und durch das warme Wasser gleitend. So verging die Zeit.
Um die Mittagszeit holte mein Mann Junior aus dem Kindergarten wieder ab und Junior war fröhlich aufgeregt, die nahende Geburt mitzuerleben und die Mama im Pool zu sehen. Seine Gegenwart störte mich jedoch. Ich bemühte mich, die Wehen nicht angestrengt zu veratmen und verbarg auch meinen Gesichtsausdruck vor ihm, weil ich ihn nicht erschrecken wollte, obwohl er durch verschiedene (Kinder-)Bücher, Fotos und Hypnobirthing-Pool-Geburtsvideos gut vorbereitet war. Ich war froh, dass meine Mama kommen und ihn abholen wollte. Als sie kurz nach 13 Uhr bei uns eintraf, spürte ich nichts von ihrer Irritation angesichts dieses Geburtsgeschehens, da mich gerade eine Wehe überrollte (sie hatte selbst 8 KH-Geburten, davon 1 KS, 1 Totgeburt). Als ihre Hand meinen Nacken streichelte und ich spürte, wie sie mit ihrer Fassung kämpfte, durchströmte mich eine unfassbare Kraft und Energie der Weiblichkeit gebärender Frauen, die an weitere Generationen weiter gegeben wird. Ich freute mich sehr darüber, dass sie diese Art der Geburt miterleben konnte. Durch ihre Anwesenheit spendete sie mir einige Momente lang Trost und Kraft. Wir verrieten ihr jedoch nicht, dass die Geburt bereits gestern Abend eingesetzt hatte, damit sie sich wegen der Geburtsdauer keine Sorgen machen brauchte.
A. war die ganze Zeit sehr ruhig und gelassen, untersuchte mich nur auf meinen Wunsch hin und gab mir hin und wieder etwas Wasser oder schmierte mir ein Brot. Für die Beteiligten muss es vermutlich eine langweilige und vor allem langatmige Geburt gewesen sein. A. meinte zwischendurch: „Weißt du, wir könnten das alles auch ein wenig beschleunigen. Aber wozu?“ Ich war damit völlig einverstanden und wollte keinesfalls irgendwelche Pushing-Versuche haben. Ich wollte einfach nur in Ruhe mein Baby bekommen – ohne einen Zeit- und Leistungsdruck wie beim letzten Mal. Also wehte ich so vor mich her und sprach immer wieder mit meinem Baby. Während der Wehen redete ich ihm gut zu, erzählte ihm von „hier draußen“ und lockte sogar mit der guten Milch. Ich spürte, wie das Kleine ruhig und entspannt war, wie es mich immer wieder stupste und selbst gelassen war. Ein einziges Mal hörte A. die Herztöne ab, von denen ich bereits wusste, dass sie in Ordnung waren. Ich spürte förmlich, wie durch diese ruhige und langsame Geburt das Baby sich ganz langsam an die Wehen und die Geburt gewöhnen konnte und keinerlei Anzeichen von Stress zeigte.
Zu diesem Zeitpunkt war ich mir immer noch nicht sicher, ob es sich wirklich um die Geburt handelte oder nur um „Vorgeplänkel“. Es ging so langsam voran, dass ich dachte, dass das Baby erst am nächsten Tag, dem Geburtstag meines Vaters, kommen würde. Über den blutigen Schleim, den ich auf der Toilette entdeckte, freute ich mich sehr, war es doch ein untrügliches Zeichen einer baldigen Geburt.
Zwischen 14 und 15 Uhr nahm mein Mann seinen Termin zum MRT in seiner Klinik wahr. Wie schön, dass die Geburt zuhause stattfinden konnte und dadurch der Tagesablauf gar nicht so beeinträchtig wurde. In dieser Zeit veränderte sich die Geburt und ging in eine neue Phase über. Ich musste irgendwie tiefer atmen und ganz tief tönen. Es kam tief aus meinem Inneren, wie eine Urgewalt, der ich mich nicht entziehen konnte. Ob das die Übergangsphase war? Ich weiß es nicht. Überhaupt konnte ich während dieser Geburt die unterschiedlichen Phasen gar nicht so deutlich wahrnehmen, da es immer so ein gleitender Übergang war.
Jetzt wurde mir bewusst, dass ich mein Baby wirklich heute noch gebären werde, und nicht wie ich vermutete erst morgen oder in den nächsten Tagen Ich legte meinen Kopf auf den Poolrand und musste einfach vor Freude weinen. Bald bald bald würde ich mein Baby im Arm halten und ich freute mich einfach unendlich!!! Die Anwesenheit der Hebamme irritierte mich dabei zuerst, aber als sie sagte, dass ich es ruhig rauslassen könne, konnte ich mich auch dabei gehen lassen und weinte. Irgendwann schlief ich zwischen den Wehen wieder ein und träumte von einem kleinen Mädchen, dessen Name mit einem „M…“ begann.
Ich wünschte mir zwar sehr ein Mädchen, aber wir ließen uns bei dem Geschlecht überraschen. Da mich mein Gefühl in der letzten Schwangerschaft betrogen hatte, wollte ich meinem Gefühl, dass es dieses Mal ein Mädchen werden würde, nicht recht trauen. Als ich jedoch jetzt unter der Geburt von einem Mädchen träumte, war ich mir ziemlich sicher, dass wir ein Mädchen erwarteten
Bald kam auch mein Mann vom MRT wieder nach Hause und beobachtete das sich deutlich veränderte Geburtsgeschehen. Ich ließ mich nicht ablenken und war sehr beschäftigt. Ich turnte wild im Pool herum und versuchte mitzuschieben. Während der Wehen versuchte ich auch von oben mit der Hand das Baby nach unten zu schieben, aber es war irgendwie für mein Gefühl immer noch unverändert oben. Jetzt da ich wusste, dass heute doch der Geburtstag unseres Kindes ist, wollte ich es einfach schnell raushaben und hatte keine Geduld mehr, friedlich und ruhig zu veratmen und es einfach von selbst geschehen zu lassen. Während der Wehen war mir das Wasser viel zu warm und in den Wehenpausen fror ich, weil es mir zu kalt war.
A. hatte ein Seil dabei aus geflochtenen Bettlakenstreifen, in das ich mich jetzt halb auf dem Rücken liegend hineinhing und das mir einen angenehmen Widerstand gab, so dass ich anfing zu schieben und zu pressen. Sie reichte mir einen Handspiegel, mit dem ich nach dem Köpfchen schauen konnte. Das Köpfchen fühlte sich so riesig an und ich weiß noch, wie ich dachte, dass das doch niemals hier durchpassen kann. A. gab mir immer wieder Mut, weil ich so enttäuscht war, dass das Köpfchen in den Wehenpausen immer wieder zurück rutschte.
Mein Mann erinnerte mich jetzt an ein Geburtsvideo von Delfinen, in dem der Baby-Delfin immer wieder zurückrutschte, auch als er schon fast vollständig draußen war, rutschte er wieder zurück. Es war zu sehen, dass Geburt auch ein Prozess zwischen inniger Nähe und Loslassen, Abschied und Willkommen ist. Zuletzt drehte ich mich in den Vierfüßler und presste in den Wehen, was das Zeug hielt. A. erinnerte mich immer wieder daran, mich zwischen den Wehen auszuruhen. Ich achtete darauf, dass mein Po deutlich unter Wasser blieb, damit das Baby nicht zu früh Luft holen konnte. Und dann war das Köpfchen geboren und mein Mann begrüßte das kleine Wesen zärtlich. Glücksgefühle und Dankbarkeit darüber, dass ich es fast geschafft hatte, überfluteten mich, als ich das weiche Köpfchen streichelte und auf die nächste Wehe wartete. Auf dem Geburtsvideo hört man, wie ich unser Baby mit den zärtlichen Worten „Mein Babylein! Ach du!“ begrüße. Man sieht auch, wie es unter Wasser auf mein zartes Streicheln über den Kopf reagiert. In der nächsten Wehe rutschte es dann mit dem Oberkörper aus mir heraus und in dem Moment stand die Zeit still. Ich drehte mich und betrachtete mein Baby zwischen meinen Beinen, die Füßchen steckten noch in mir drin. Da lag dieses kleine wunderschöne Wesen, das ich 9 Monate unter meinem Herzen getragen hatte, und das ich endlich mit meinen eigenen Augen sehen durfte. Die Hebamme drängte mich es herauszuholen, und ich zog es aus mir heraus. Ich legte es auf mir auf den Bauch, weinte Freudentränen und begrüßte es zärtlich. Ich musste jubeln, als ich nach dem Geschlecht schaute und ein Mädchen entdeckte. „ Oh, mein Gott! Wie schön, ein Mädchen!“ Meine Tochter!!!
Mein Mann und ich begrüßten die Kleine liebevoll und sie antwortete mit einem leichten Krächzen und weinte. Mein Mann sagte mehrmals, wie stolz er auf mich sei. Wir bestaunten alle die Schönheit und Perfektion dieses kleinen Wunders und ich legte sie zum ersten Mal an meine Brust. Sie weinte jedoch und hörte erst auf, als wir sie mit einem Handtuch abdeckten und ihr wieder warm wurde. Irgendwann durchtrennte mein Man die Nabelschnur und nahm sich die Kleine an seine Brust, während ich versuchte, die sich bereits losgelöste Plazenta herauszupressen. Ich hatte keinen Pressdrang und auch irgendwie keine große Motivation, jetzt die Plazenta zu gebären. A. schlug mir vor, dass ich die Plazenta selber vorsichtig herausziehen könnte, was ich auch halbherzig tat. Irgendwie hatte ich die ganzen Warnungen im Hinterkopf, dass das ja gefährlich sein könnte, die Plazenta herauszuziehen, wenn sie sich noch nicht gelöst hatte. Aber bei mir war sie ja schon vollständig gelöst. Naja, ich zog sie mir jedenfalls halb heraus und danach klemmte sie irgendwie fest, so dass ich erleichtert war, als A. sie mir ganz herauszog.
Danach kuschelten wir alle drei zusammen auf dem Sofa und bestaunten das kleine Wunder. Die Hebamme holte uns Pizza und später brachte meine Mutter auch den Großen wieder, der ganz entzückt das kleine Schwesterchen begrüßte und ihr ein Küsschen gab.
Der Tag, an dem meine Tochter geboren wurde, ist einer der schönsten Tage meines Lebens!
M M
3790 g
53 cm
Kopfumfang 35 cm
Ich hatte mir eigentlich wieder gewünscht, dass unter der Geburt der Damm mit einer Lancette akupunktiert würde, doch mein Mann kam dieses Mal gar nicht dazu. Im Nachhinein war es auch gar nicht nötig, da der Damm durch den langen Aufenthalt im warmen Wasser sehr weich war und sich leicht dehnte. Geburtsverletzungen hatte ich auch keine.
Mein Mann bemerkte nachher, dass sich die Brüste während der Geburt deutlich veränderten, die Brüste voll und die Warzen dunkel wurden.
Interessant ist, dass sich der Traum meines Mannes bewahrheitet hat; unsere Tochter kam um 15:37 Uhr zur Welt – zwischen 3 und 4 wie er geträumt hatte
Witzig ist auch, dass in dem Moment, als ich die Kleine aus dem Wasser fischte meine beste Freundin anrief, um sich zu erkundigen, wie es uns geht und sie nachher gleich als Erste von der Geburt erfahren durfte.