(Un)geplante Wirbelwind-Hausgeburt (August 2013)

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WirbelwindMama
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(Un)geplante Wirbelwind-Hausgeburt (August 2013)

Beitragvon WirbelwindMama » Mo 26. Aug 2013, 11:53

Der September-Wirbelwind entschloss sich am 24.8. um 0:36 seinen Geburtstag doch noch in den August zu legen - wie schon seine Mama vor knapp 30 Jahren trat er einfach frech die Fruchtblase kaputt. Am Abend davor war er schon ungewöhnlich aktiv gewesen. Die Mama hatte auch ein wenig Nestbautrieb, sich aber vom Papa überreden lassen, den Heizstrahler doch nicht mehr auf biegen und brechen anzubringen, sondern lieber früh ins Bett zu gehen. Schließlich hatte sie zwei Nächte nicht geschlafen.
Die Verwirrung über die zerplatzte Fruchtblase war erstmal groß. Ist das wirklich Fruchtwasser? Schnupper schnupper. Es läuft und läuft. Ich bin noch nicht ganz wach, aber das muss Fruchtwasser sein. Mist, keine Wehen in Sicht und es ist mitten in der Nacht. Also wecken wir erstmal den Papa. Und dann die Vertretungs-Hebamme, so wie unsere Geburtshebi uns das eingeschärft hatte. Die ist auch noch etwas schläfrig und es tut mir wahnsinnig leid, sie aus dem Bett geklingelt zu haben. Fröhlich verkünde ich, dass wir jetzt auch nochmal ins Bett gehen und wir verabreden uns für den nächsten Tag im Geburtshaus. Tatsächlich räume ich schnell noch ein paar letzte Dinge in den Geburtshaus-Rucksack.. Traubensaft und so. Auch den Papa kann ich endlich dazu überreden, sich selbst Wechselklamotten einzupacken. Das steht ja schließlich auf der Liste der Dinge, die wir brauchen.
Alles ist gepackt und jetzt werden noch ein paar Stunden geschlafen - so stelle ich mir das vor. Der Wirbelwind aber hat andere Pläne. Schon eine Stunde später, gegen 1.30 Uhr wache ich wieder auf. Jetzt habe ich Wehen. Die Hebamme hatte gesagt, wir sollen wieder anrufen, wenn sie im Abstand von 2-3 Minuten kommen, 60 Sekunden dauern und stärker werden. Na super, das letzte Mal erzählte sie mir noch, man müsse das nicht stoppen. Ich habe keine Ahnung, wie ich das jetzt erfassen soll mit der Zeit und gerade auch echt keinen Kopf dafür, denn die nächste Wehe rollt schon an. Dem Papa sage ich nur, dass er weiterschlafen soll. Es kann ja schließlich noch Stunden dauern. Vor dem Morgen passiert hier gar nichts - denke ich mir.
Das ändert sich aber schnell. Die Wehen werden unaushaltbar im Liegen. Ich stehe auf und kralle mir mein Handy. Die Stoppuhr überfordert mich völlig. Ich schaffe es irgendwie in einer Wehenpause so eine dumme Wehen-App zu installieren und komme mir völlig bescheuert dabei vor. Die Wehen-App überfordert mich dann auch. Also gehe ich erstmal in die Badewanne. Die wird mir schon sagen, ob es Geburtswehen sind oder nur Vorwehen und ich einfach rum"memme".
Allerdings muss ich jetzt doch den Papa wecken, denn ich bekomme es nicht mehr gebacken, die Wassertemperatur auf 37 Grad einzustellen und das erscheint mir gerade lebensnotwendig. In der Wanne war ich dann nur kurz, denn auch dort waren die Wehen kaum aushaltbar. Ich fange auch an, leise zu tönen, denke noch an die Nachbarn. Nach 10 Minuten hält mich aber nichts mehr in der Wanne. Es ist mir egal, dass der WirbelwindPapa jetzt auf dem Klo neben mir sitzt und versucht, die Wehen zu messen. Raus aus der Wanne.
Ab da wurde es dramatisch. Ich werfe mich auf die kalten Fliesen in den 4-Füßler-Stand. Gerade so wollte ich nie gebären, konnte es mir nicht vorstellen. Aber es erscheint das einzige vernünftige. An die Nachbarn denke ich noch kurz, aber ich kann gar nicht mehr leise tönen. Der Papa meint nur, vielleicht sollten wir jetzt doch mal die Hebamme anrufen. Ich frage: "Ist es wirklich schon spät genug?" und töne. In 4 oder 5 Wehen überwinde ich krabbelnd und tönend die 5 Meter ins Wohnzimmer, auf einem Handtuch, dass mir der WirbelwindPapa herbeigezaubert hat, rutschend. Der WirbelwindPapa meint noch, ich soll mir was anziehen und irgendwie werfen wir mir ein weites Sommerkleid über - wohl die letzte richtig kontrollierte Aktion der Geburt und auch eine der sinnlosesten.
Denn während der WirbelwindPapa dann doch die Hebamme nochmal aus dem Bett klingelt, kreische ich schon vor Schmerzen. Tönen? Hypnobirthing? Alles vergessen. Ich kann erstmal nur noch kreischen. Von dem Gespräch bekomme ich nicht viel mit, aber irgendwie schaffe ich es von mir zu geben "Ich gehe nirgendwo mehr hin." Die Hebamme fährt dann mal los. Eine Strecke von fast 50 Kilometern und sie war sich selbst nicht sicher, ob sie noch rechtzeitig kommt.
Durch die Hölle muss ich erstmal selbst gehen. Der WirbelwindPapa hängt noch einen Zettel an die Tür: "Geburtswehen. Bitte nicht klingeln. Hebamme ist unterwegs." Es scheint aber keinen zu stören. Gestern als die 4-jährige Nachbarin aus dem 5 Meter gegenüberliegenden Haus einen Schreianfall hatte und wir es noch hörten, gibt mir das doch zu denken.. in dem Moment ist mir alles egal und das ist auch das einzige was ich äußere, wenn der WirbelwindPapa mich anspricht. Ich weiß gar nicht mehr, was er mich fragte, aber ich weiß noch, dass ich in den spärlichen Wehenpausen sage: "Das ist mir scheißegal."
Indess dreht sich tatsächlich alles nur um Kacke.. ich bin im Vier-Füßler-Stand vor der Wohnzimmer-Couch und saue alles um mich rum ein mit Stuhlgang. Das Kleid sowieso.. also bin ich bald wieder nackt - und töne und kreische und versuche irgendwie noch zu atmen. Zum ersten Mal kommt mir der Gedanke, dass ich Einzelkinder total super finde.
Gegen 3.30 Uhr wird es plötzlich besser und ich kann nochmal ins Badezimmer kriechen. Die Hebamme kommt als ich doch wieder im Flur hänge und nicht mehr weiter kann. Das Pressen hat angefangen. Sie stellt das auch fest und dass ich vollständig eröffnet bin und ruft die zweite Hebamme an.

Den Rest der Geschichte gibt es nach dem nächsten Stillen - oder bald.
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Re: (Un)geplante Wirbelwind-Hausgeburt (August 2013)

Beitragvon weiße wölfin » Mo 26. Aug 2013, 12:34

oh man, was´n krimi... ich warte (un-)geduldig auf die fortsetzung mrgreen-dance
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Re: (Un)geplante Wirbelwind-Hausgeburt (August 2013)

Beitragvon mia » Mo 26. Aug 2013, 12:50

Ja, das hört sich wirklich nach nem Wirbelwind an. :)
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der kleine Süßling, Oktober 2012, HG

Irgendwas ist immer!

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Re: (Un)geplante Wirbelwind-Hausgeburt (August 2013)

Beitragvon MamavonAlina » Mo 26. Aug 2013, 14:20

oh Mann wie spannend mrgreen-dance

und jetzt heißt es warten auf die Fortsetzung...

Schon mal herzlichen Glückwunsch zum Nachwuchs!

Ella
großes, i mog a Pferdal reiten, Mädal (5.3.´11)
kleine Kuschelraupe (13.11.´13

und zwei Sternchen für immer im Herzen 15.SSW und 11.SSW

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Re: (Un)geplante Wirbelwind-Hausgeburt (August 2013)

Beitragvon flying_blondie » Mo 26. Aug 2013, 16:23

Ih wie spannend und gut geschrieben :-)

Freue mich auf die Fortsetzung.

Lg
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Re: (Un)geplante Wirbelwind-Hausgeburt (August 2013)

Beitragvon parapluies » Mo 26. Aug 2013, 16:28

wow... rasant und auch bisher echt amüsant. :)
Ich bin gespannt auf den Rest!

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Re: (Un)geplante Wirbelwind-Hausgeburt (August 2013)

Beitragvon jessica » Mo 26. Aug 2013, 17:59

bin auch schon ganz gespannt auf die fortsetzung.
sternchen 11/'12 und 10/'13 und 02/'14 und 11/'14

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Re: (Un)geplante Wirbelwind-Hausgeburt (August 2013)

Beitragvon die eule » Mo 26. Aug 2013, 17:59

du machst es echt spannend... mrgreen-dance
*7/2010* die Große, HG
*6/2014* der Wilde, AG
*11/2017* die Verrückte, HG

Was wir brauchen, sind ein paar verrückte Leute; seht euch an, wohin uns die Normalen gebracht haben.
- George Bernard Shaw -

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WirbelwindMama
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Re: (Un)geplante Wirbelwind-Hausgeburt (August 2013)

Beitragvon WirbelwindMama » Mo 26. Aug 2013, 18:05

Das mit dem Stillen kann hier schon mal länger dauern, aber ich werde versuchen, den Bericht heute zumindest bis zur Geburt noch fortzusetzen.

Nachdem die Urlaubs-Hebamme so tapfer mitten in der Nacht über die Autobahnen gebraust ist, habe ich es ihr am Anfang wirklich nicht leicht gemacht. Eine Presswehe jagte die nächste, so dass sie kaum eine Chance hatte, uns zu untersuchen. Ich war zwar gerade noch gnädig genug von der Wohnzimmertür, die ich blockierte wegzurutschen ums Sofa rum, aber weiter ging es nicht mehr. Ich fand das ja gar nicht schlimm.. im Vergleich zu dem Gekreische der vermutlichen Übergangsphase war diese Geschichte mit dem Pressen - so lange mich bloß keiner anfassen wollte und ich nichts entscheiden musste - ja fast ein Kinderspiel. Zumindest in der ersten halben Stunde oder so..

Die Hebi brachte mich aber doch dazu, den Gebärhocker mal auszuprobieren, auch damit sie besser nach den Herztönen suchen konnte. Die waren zum Glück super, aber sie stelle fest, dass der Wirbelwind sich in den Kopf gesetzt hatte, kerzengerade durch den Geburtskanal zu wollen. Ich dachte dabei auch erst an einen Sternengucker und fragte mich, was er sich dabei gedacht hat - schließlich lag er seit der 20.SSW immer vorbildlich und genau gleich! Aber nein, kein Sternengucker... erwolle nur kerzengerade hindurch. Ihr könnt Euch denken, was mir das in dem Moment war: "scheißegal", wir machen das jetzt.

Auf dem Gebärhocker ging es aber nicht weiter. Mir fiel es schwer die Beine auf dem Boden zu lassen... die Wehen waren einfach zu sehr zum in die Luft gehen und der WirbelwindPapa wusste auch nicht so recht, was er tun sollte hinter mir. Hier fehlte halt doch der Geburtsvorbereitungskurs.

Schließlich packten sie mich auf die mit Duschvorhang und Laken abgedeckte Couch und ich sollte seitlich liegend weiter pressen in der Hoffnung, dass sich der Wirbelwind dadurch doch noch dreht. Irgendwann hat er das dann auch getan und während dessen kam die zweite Hebamme an. Ich war gerade genug bei Sinnen um ihr nicht entgegen zu bringen "Scheißegal", als sie sich vorstellte, aber ich fürchte sie hat die Erwiderung ihrer Begrüßung trotzdem richtig gedeutet. Ich war dennoch dankbar, dass sie da war, denn nun feuerten mich die beiden an und versuchten, mit mir Haltung und Atmung zu korrigieren. Im Nachhinein muss ich wirklich lachen, denn genau wie der Wirbelwind warf ich den Kopf beim Pressen immer in den Nacken anstatt ihn einzuziehen. Dabei hat man weniger Kraft - und die brauchte ich für den Endspurt.

Nach zwei Stunden pressen dachte ich wirklich, ich kann gleich nicht mehr, aber wenigstens die Nummer mit den Visualisierungen ist hängen geblieben. Ich versuchte also alles hinter mir zu lassen und transportierte mich zurück ins Himalaya, wo ich kurz vor der Zeugung des Wirbelwindes einen hohen Pass überschritten habe. Jede Presswehe brachte mich den magischen 5450 Metern ein Stück weiter.. und nach jeder musste ich mich wieder kurz sammeln und konzentriert atmen, um dann wieder weiterzugehen, der Erschöpfung und den Emotionen außer Kontrolle trotzend.

Die Hebammen quatschten weiterhin irgendwas von: "Gut, machst du das, E." Aber ich war weit weg, im Himalaya und sah schon die bunten Gebetsflaggen auf dem Pass. Das Köpfchen war geboren, der Körper rutschte mit der nächsten Presswehe gleich hinterher. Der Wirbelwind beschwerte sich zwar nicht lautstark, aber ausdauernd und sehr variierend in den schönsten Quietschern und Grunzern und Jammertönen über diesen Rausschmiss - oder erzählte einfach nur von seiner aufregenden Reise.

Der WirbelwindPapa erzählte mir später von seinem regelrechten Eierkopf und die Hebammen von den vielen Blutergüssen. Mich interessierte beides nicht. Ich bekam unser Wunder erstmal auf die Brust, eingewickelt in Tücher und war heilfroh, dass es ihm gut ging. Zugleich waren wir wohl beide etwas überfordert mit der Situation. Der Wirbelwind bekam Rescue-Tropfen und ein Globuli, ich hingegen musste ja noch die Plazenta gebären.

Da ich aber mindestens genauso verwirrt schaute wie der Wirbelwind und ehrlich gesagt auch ähnlich stark zitterte und mir nach quietschen und jammern statt nach freuen zu Mute war - obwohl ich total verliebt war, vom ersten Augenblick an :herzen: , bekam ich die Geburt der Plazenta gar nicht mit. Erst heute fragte ich den Papa und er erzählte mir, dass sie mit Sicherheit vollständig war, weil sie penibel untersucht worden sei.. gemerkt habe ich davon nichts, denn ich versuchte schon zu stillen. In unserem Zustand war das aber irgendwie nicht so einfach.. ich hatte keine Ahnung, was ich tun soll. Der Wirbelwind konnte zwar saugen, hatte aber ebenfalls keine Ahnung und war zu sehr mit erzählen und quäken beschäftigt. Nach der Plazenta-Untersuchung bekam ich aber auch Rescue-Tropfen und die Globuli und mittels C-Griff wurde mir beigebracht, wie ich den Wirbelwind anlegen sollte. Ich hatte das alles zig mal gelesen vorher, aber die Praxis ist halt doch was anderes. Ich konnte ehrlich gesagt nur noch denken: "Das ist unser Kind. Das ist tatsächlich unser Kind."

Und hiermit endet die Geschichte - vorerst. Ein echtes HappyEnd der eigentlichen Geburt, die zwar sehr rasant, aber auch ebenso schön war.
Dass ich den Dammriss 2. Grades vergessen habe zu erwähnen, weil er mir nicht so schlimm (quasi "scheißegal") so vorkommt, deutet wohl schon darauf hin, dass das eigentlich HappyEnd wohl noch eine Fortsetzung braucht..

Aber die gibt es wieder - ihr erratet es schon: nach dem nächsten Stillen!
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Re: (Un)geplante Wirbelwind-Hausgeburt (August 2013)

Beitragvon Nyaah » Mo 26. Aug 2013, 18:19

:applaus: gut gemacht!! Danke für den mitreißenden Bericht! Das mit dem Einzelkind kommt mir bekannt vor :pfeif: deine Visualisierung finde ich sehr interessant und ne tolle Idee.. muss ihc mir fürs nächste Mal merken.. allerdings hab ich ja nie den Himalaya bestritten :gruebel:
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