Happy End

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Jule

Happy End

Beitragvon Jule » Sa 27. Okt 2012, 19:05

Seit der 35. Woche hatte ich immer wieder „Wehchen“. Sorgen machten die mir eigentlich nie, das kannte ich schon von Nr.1. Den Hebammen war die Sache suspekt, also musste ich anfangs eine Woche liegen. Ich war mir die ganze Zeit sicher, es trotzdem bis zum Termin zu schaffen, und siehe da: ich hatte recht! Nach all dem Vorgeplänkel konnte und wollte ich einfach nicht glauben, dass die Wehen 3 Tage nach Termin echt sein könnten.
Als die Große sich um halb 12 am Mittag zur Oma aufgemacht hatte, ging ich zum Test in die Badewanne. Keine eindeutige Aussage. Weh tat da jedenfalls nix, auch wenn die Kontraktionen viel regelmäßiger waren als je zuvor. Ich legte mich ins Bett, unwillig und genervt, weil ich gefühlt seit Wochen nichts anderes tat, als für-die-Geburt-vorratsschlafen. Klappte auch nicht, also schaute ich mir ein paar Folgen meiner Lieblingsserie an (ich, die ich den Flatscreen im Kreissaal verfluche! Shame on me). Die Hebi kam vorbei und schrieb, auf mein ausdrückliches Verlangen, ein CTG. Da waren aber nur Zwergwehen im 7-8 Minutentakt drauf, auch wenn mein Bauch und meine Stoppuhr was anderes sagten. CTG ist doof. Herztöne auf jeden Fall prima. Sie tastete nochmal und meinte zum widerholten Male: „Wenn dieses Kindlein 3,5 kg hat, ist es groß!“ und ich pflichtete ihr voll bei. Ich tippte so knapp 3000 g, mit dem Wunsch als Vater des Gedanken...
Der werdende Papa nahm mich dann mit auf einen Spaziergang im traumhaften Herbstwetter. Eine Stunde Hügel rauf und runter, Wehen so im 5 Minutentakt. Das Aua dabei schob ich auf mein geschundenes Kreuz, war auch eh nicht schlimm. Irgendwann fiel mir auf, dass ja heute Donnerstag ist und ich deshalb nochmal ins Schwangerschaftsyoga könnte. Es war 17.15, also schnell nach Hause gewetzt, in die Klamotten und ab in den Yoga-Kurs. Irgendwie war mir da langsam klar, dass das wohl doch echte Wehen sein KÖNNTEN… als mich die Ladies dort mit großem Trara begrüßten (alle fieberten ja schon seit Wochen mit mir), sagte ich noch grinsend „ich glaub erst, dass es losgeht, wenn ich den Kopf seh!“ – und timte heimlich meine, mittlerweile zumindest spürbaren, Wehen auf dem Wecker der Lehrerin. 3 Minutentakt. Ich freute mich mittlerweile sehr über alle Übungen mit Tönen. Tiefenentspannung im Liegen war irgendwie doof. Ich hängte mein Handy ans Ladegerät, nur so zur Vorsicht, und merkte irgendwann, dass die Steckdose nicht tat. Da wurde ich dann hibbelig, flitzte raus in den Flur und steckte das Telefon dort ein, der Akku war komplett leer. Bei der sehr lieben Verabschiedung, mit Blümchen, war ich doch schon sehr abwesend.
Ich beschloss, mit dem Auto übers Feld zu fahren, nur so zur Vorsicht. Jetzt war ich mir sicher: es geht los. Da war es kurz or 20 Uhr. Ich kam gut heim, Schmerzen waren das meiner Meinung nach immer noch nicht. Als ich aus dem Auto stieg dann schon. Meine Ma begegnete mir auf dem Weg ins Haus. Ich gab ihr mein Sportzeug und sie meinte: „Neiiiiin, ich bring dich erstmal hoch!“ Ich: „Nimm den Krempel, lass mich in Ruh!“ (Boah, war ich unfreundlich drauf in der Phase!) Mama wieselte nervöse hinterdrein, stellte oben in der Wohnung meinen Korb auf die Kiste im Flur und – PLATSCH – stand ich in einer Lache. Aus Rotwein und Scherben. Oh, wie musste ich da fluchen! Der werdende Papa brachte grad die Große ins Bett, meine Ma jonglierte hysterisch mit Schrubber und Staubsauger, die Große wurde wach und geriet in Weihnachtsstimmung (sehr süß) und ich verkroch mich (schimpfend und tönend) ins Kinderzimmer. Da stand dann plötzlich meine 90jährige Oma vor mir. „Na???“ „Oma, was NA? Nach was sieht‘s denn aus? Verschwinde! Raus hier! HAU AB!!!“ Ich hab mich später entschuldigt. Zwischendurch schrieb ich der Hebi eine sms: „Geht los, rufen an wenn wir dich brauchen“. Das taten wir dann, 2 Minuten später. Sie fuhr sofort los.
Irgendwann waren alle, bis auf meinen Mann, aus der Bude. (Meine Mutter, vier mal: „Seid ihr euch auch wirklich sicher, dass ihr die Hebamme angerufen habt???“ Ich: „Raus, raus, RAUS!!!“) Ich saß mittlerweile auf dem Klo. Ich musste so dringend Pipi und es ging einfach nimmer…
Die Wehen waren mittlerweile heftig. Ich tönte, bzw. brüllte auf Aaaaahhh!!! Und wünschte mir wirklich sehnlichst Betäubungen jedweder Art. Die Hebi kam, rief die 2. Hebi an: „He, komm wenn du noch dabei sein willst, sie drückt schon.“ Ich dachte, okee, echt, mach ich? Ich jammerte rum. Ich hatte Angst, es könnte zu schnell gehen, ich reißen, das Baby vor Stress vergehen, keine Ahnung. Ich wollte in den Pool. Noch nicht genug Wasser. Ich gab die ganze Zeit Anweisungen. Bis mich die Hebi bremste und meinte, ich solle vom Klo runter und in den Knie-Ellbogen-Stand. Ich hätt‘s alleine nicht hinbekommen. Der Lagewechsel tat weh. Irgendwie war alles schon so schön an seinen Platz gerutscht. Zum Glück vertrau ich der Hebamme, sie schaffte es, mich runterzuholen und zum Abschalten zu bewegen. Nur untersuchen lassen wollte ich mich nicht, sie hat also nur einen Sekundencheck gemacht und meinte: „Kannst mitschieben, wenn du willst.“
Mein Mann war die ganze Zeit toll. Er präparierte die Bude, war immer zum Festhalten da, wenn ich ihn brauchte, holte Eiswasser, Waschlappen und jede Menge anderes Zeug und bestärkte mich, wo es nur ging. Ich hab mich mal wieder neu verliebt.
Im Pool, der dann irgendwann auch voll war, ging es mir bald besser. Die Wehenpausen waren länger, ich konnte mich viel besser entspannen. Trotzdem dauerte es nicht lange, bis sich die Wehen anders anzufühlen begannen, nämlich quasi unerträglich. Die Hebi meinte, das sei die Fruchtblase, die unheimlich prall wäre und drücken würde. Ich malte mir stundenlange Höllenqualen aus und stand kurz vorm Verzweifeln. Ich: „Und der Kopf hängt noch irgendwo da oben rum, oder?“ Sie: „Fühl halt mal!“ Ich fühlte, fühlte Fruchtblase, und bekam eine Hammerwehe. Die Blase platzte und ich fühlte, wie das Köpfchen kam. Auweia, das ging schnell. Ich bremste, so gut ich konnte, und hechelte mich über die nächste Wehe. Das Gefühl war krass, ich bekam auch keinen Muks mehr raus. Ich versuchte, nicht total zu verkrampfen. Keine Ahnung, ob das funktionierte, aber mit der nächsten Wehe war das Köpfchen da. Mit Glückshaube, die Hebis fummelten sie runter. Dann waren die Wehen erst mal weg. Ich konnte ein bisschen verschnaufen. Dann sollte ich wieder pressen. Die Hebi gestand mir später, dass sie in dem Moment ein bisschen nachhalf. Irgendwie klemmte eine Schulter fest. Ich merkte nichts davon, denn Sekunden später schwamm da ein Babylein im Wasser. Völlig unblutig. Ich fischte es heraus, es schaute mich an und die Zeit blieb stehen. Es war 21.12 Uhr.
Große, dunkle Augen. Kein Tönchen. Nach einigen Minuten wurde es den Umstehenden wohl unheimlich und die Hebi kam mit dem Absaugeschlauch. Sie hatte aber kaum angesetzt, als ich sie schon wieder weggeschubst hatte. Das Babylein machte einen kleinen Protestmaunzer, dann war wieder Ruhe. Wir schauten endlich nach, was es denn war und siehe da – ein Bub! Der Papa zerfloss fast vor Glück, alle jubelten mit ihm und damit war der Bann gebrochen. Der Papa durfte abnabeln, danach wurden wir aus dem Pool gefischt und aufs Sofa verfrachtet. Dort kam nach ein paar Minuten die Plazenta. Und damit waren Baby und ich für die Hebammen erst mal abgeschrieben, das Ding war nämlich phänomenal interessant. Mit einem großen Fenster und Gefäßen, die über den Eihäuten verliefen. Ich hatte ja die ganze Zeit das Gefühl, dass an diesem Baby irgendwas anders ist, so ein kleiner Anflug von Gefahr. Zum Glück durften wir zu Hause und ohne Manipulationen entbinden, so ist dabei auch nichts kaputt gegangen.
In der Zwischenzeit wurde die Verwandtschaft informiert und wieder zurückgepfiffen. Die große Schwester durfte selber nochmal nachsehen und den anderen berichten, der Papa hatte nämlich nicht verraten, was es geworden war.
Während ich untersucht wurde (nichts, kein Kratzer!), durfte die große Schwester nochmal Nachabnabeln und beim Wickeln und anziehen helfen.
Und hier nochmal die stolzen Maße:
3760 g, 54 cm und 36 cm Kopfumfang.
Es war die schönste Geburt, die ich mir hätte vorstellen können. mrgreen-dance

Ferun

Re: Happy End

Beitragvon Ferun » Sa 27. Okt 2012, 19:22

Sehr erfrischend, teilweise musste ich echt schmunzeln.
Danke für deinen Bericht!

Wie muss ich mir denn ein Fenster in der Plazenta vorstellen?

Jule

Re: Happy End

Beitragvon Jule » Sa 27. Okt 2012, 19:26

Ich stell bei Gelegenheit ein Foto rein. Das sieht aus wie eine große und eine kleine Plazente, die durch die Eihäute verbunden sind. Allerdings sieht man genau, dass es eigentlich ein Ganzes ist, es waren also keine Zwillinge angelegt oder so.

Ferun

Re: Happy End

Beitragvon Ferun » Sa 27. Okt 2012, 19:27

Oh ja! Das tät mich ja SEHR interessieren!

m@nu

Re: Happy End

Beitragvon m@nu » Sa 27. Okt 2012, 19:37

Danke für diesen tollen Bericht!

Und das Bild würde mich auch sehr interessieren :)

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Re: Happy End

Beitragvon Myself » Sa 27. Okt 2012, 19:52

gratuliere! :rainbow: :herzen:
schöner bericht! bin auch für ein foto^^
Mai 2012: wunderschöne Hausgeburt im Geburtspool
November 2014: 2. wunderbare Hausgeburt im Geburtspool

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Re: Happy End

Beitragvon Glühwürmchen » Sa 27. Okt 2012, 20:53

Wundervoller Bericht :herzen: :rainbow:

Bin auch gespannt auf ein Foto ;)
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Re: Happy End

Beitragvon Alva » So 28. Okt 2012, 08:59

Das mit der Plazenta hab ich noch nie gehört, da bin ich sehr neugierig!
Ansonsten: Ein ganz wundervoller Bericht! Das klingt richtig toll. :rainbow:
Drei Dinge sind uns aus dem Paradies geblieben: Sterne, Blumen und Kinder.
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Re: Happy End

Beitragvon Fela » So 28. Okt 2012, 09:53

Schön! :herzen:

Herzlichen Glückwunsch :rainbow:

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Wirbelwind
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Re: Happy End

Beitragvon Wirbelwind » So 28. Okt 2012, 10:38

Ich gratuliere dir auch ganz herzlich!


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