Mein Bauch war allmählich so riesig, dass ich mich kaum noch bewegen konnte und sehnlichst die Geburt erwartete, obwohl ich mir vorgenommen hatte, diesmal die Schwangerschaft bis zum Ende zu genießen. Noch war der “Termin” auch nicht erreicht.
Einen Tag vor der Geburt (3.9.,39+1) war es sehr warm und wir waren noch Waffeln essen bei Freunden auf dem Balkon. Das war wirklich schön und ich vergaß ganz, dass es jederzeit losgehen könnte.
Das war wahrscheinlich die entscheidende Entspannung, die es gebraucht hat, DAMIT es auch endlich losgehen konnte

Morgens um ca.3:00 Uhr wachte ich auf und musste zur Toilette. Nichts besonderes, dachte ich, war ja auch schon die letzten Tage öfters mal vorgekommen. Als ich dann aber zurück ins Bett gegangen war, konnte ich auf einmal garnicht mehr liegen.
Also stand ich auf und setzte mich vor den PC und wartete.
Es kamen wohl Wehen, aber die waren so harmlos, dass ich mir nicht ganz sicher war, ob das nicht wieder nur Vorwehen sind.
Als ich dann wieder ins Bett ging, bekam ich aber Gewissheit

Nun war es schon 6:00 Uhr und ich weckte meinen Mann auf. Wir liefen zusammen durch die Wohnung , frühstückten und überlegten, wie es nun weitergehen sollte.
Immer wieder veratmete ich Wehen, die meisten im Stehen mit Singen und Hin-und Herwiegen (hier stellte ich fest, dass Yoga für Schwangere WIRKLICH hilfreich für die Geburt ist ).
Wir entschlossen uns, die Hebamme anzurufen. Es kam dann um 8:00 Uhr die Vertretungshebamme, weil meine Hebamme ihr freies Wochenende hatte. Sie kannte ich von einem Vorsorgetermin und fand sie auch nett. Nun aber passte es mir mit ihr irgendwie nicht mehr so gut...
Sie machte eine Untersuchung, weil ich gerne wissen wollte, wie weit ich bin (4cm). Das tat sauweh und ich zeichnete danach kräftig und die Wehen, die vorher schon gut gewesen waren, waren auf einmal wie weggeblasen. Als sie dann vorschlug, dass sie ja nochmal gehen könne und dann wiederkommen könne, wenn ich sie brauche, war ich sehr dankbar.
Sie ging und wir waren wieder allein.
Mein Mann holte unsere Große aus dem Bett, zog sie an und fuhr mit ihr zum Frühstücken zu Freunden, wo sie dann auch den Tag verbringen sollte.
Nun war ich kurz ganz allein. Die Wehen kamen wohl regelmäßig und auch deutlich, aber waren durchaus auszuhalten.
Später kam mein Mann wieder und ich fragte ihn: “Und, was machen wir nun mit unserem kinderfreien Tag?” Ich weiß, dass ich das ganz ernst meinte und Angst hatte, dass wir uns langweilen könnten. Ich hatte wohl noch nicht so richtig begriffen, dass ich mich mitten in der Geburt befand...
Um ca. 12:00 Uhr waren die Wehen dann so, dass ich nich entschloss die Hebamme wieder anzurufen. Sie sagte dann, dass meine Hebamme kommen würde! Die hatte ihr nämlich gesagt : “Wenn die L. Wehen bekommt, dann ruf mich doch bitte an, ich gehe dann zu ihr”. Oh, wie haben wir uns gefreut!
Als G.(Hebamme) dann kam, machte auch sie wieder eine Untersuchung, aber diesmal tat es nicht weh und siehe da, vollständig! Das konnte ich fast nicht glauben, sooo dolle Wehen hatte ich nicht gehabt.
Mein Mann sagte nur: “Ja, dann ist das Kind ja um 13:00 da!”
Für diesen Satz schimpfe ich ihn heute noch manchmal aus, denn nun folgte der anstrengende Teil der Geburt.
Raum und Zeit sind so verschwommen über der Arbeit, die das Kind und ich dann noch fast 4 Stunden geleistet haben, dass ich mich nur noch an Einzelheiten erinnern kann.
G. hat mich so toll durch diese harte Zeit geführt, mir immer wieder Vorschläge zu Lage- und Stellungswechseln gemacht und war für mich da. Nie habe ich mich von ir bevormundet gefühlt.
Eine Zeit lang saß ich laut tönend auf der Toilette. Das tat gut!
Manchmal, wenn ich das Gefühl hatte, mein Kreislauf versagt, habe ich gelegen und dort gearbeitet.
Viel habe ich an meinem Mann gehangen und er hat mir immer wieder kräftig mit all seiner Landwirtskraft in den Rücken gedrückt. Dass er am nächsten Tag auch Muskelkater hatte, hat mich nicht verwundert...
Nun, 13:00 war lange vorbei und meine körperliche Kraft drohte mich zu verlassen. Innerlich war ich immer noch sehr willensstark und habe mir immer gesagt: “Das schaffst du, Millionen von Frauen haben das vor dir geschafft, das ist eine Ur-Frauenaufgabe und das, was uns so stark sein lässt”. Es war wirklich gewaltig, anders kann ich das nicht beschreiben.
Irgendwann gab mir G. dann ein paar Globuli in Wasser aufgelöst, die ich in einem Zug herunterkippte. Herrlich, Wasser! Ich war so schweißüberströmt, dass die beiden mich baten, doch das Hemd zu wechseln, da es heute überhaupt nicht mehr warm draußen war.
Dann machte mir G. den Vorschlag, mich doch an den Händen meines Mannes zu halten und immer, wenn eine Wehe kommt, in die tiefe Hocke zu gehen und mich dabei ganz rund zu machen und an ihn zu hängen.
Wow, was eine Kraft, die da nach unten strebte! Das war richtig effektiv, das merkte ich.
G. musste mich sogar etwas bremsen meines Dammes zuliebe.
Ja, und da kam er nun, dieser Riesenkopf. Ich konnte ihn ENDLICH fühlen!
Als er durchtrat, hatte ich einen meiner wenigen schwachen Momente und fluchte wie ein Rohrspatz. Das brannte so wahnsinnig!
Dann war er da, der Kopf und ich wollte schon aufstehen, den meine Beine waren total eingeschlafen vom Hocken. G. konnte mich gerade noch so bremsen, denn der restlich Körper wurde bereits geboren.
Dann war er da (16:50)!!!
Das erste, was mir auffiel, war, dass es ein Junge ist, mein Mann sah als erstes, dass er riesig ist und G., dass er so schöne Ohren hat...
Ich nahm ihn vom Boden hoch und drückte ihn an mich und heulte vor Freude und Erleichterung mit unserem Sohn im Duett. Der brüllte und war ganz rot vor Wut und wollte garnicht mehr aufhören.
Bald ging ich kurz duschen und der Kleine beruhigte sich endlich in den Armen meines Mannes.
Wir kuschelten dann eine Weile zu dritt und wir Großen waren immer noch ganz baff ob dem, was da gerade passiert war.
Später haben wir ihn gemessen, gewogen (59cm, 4900g, KU 37,5) und angezogen.
Leider war ich so sehr gerissen, dass G. viel nähen musste (sie überlegte sogar kurz, ob es nicht evtl.nötig wäre, in die Klinik zu fahren).
Immer wieder zwischendurch legte ich ihn an, aber er mochte noch nicht trinken.
Um 19:30 schließlich kam die nun große Schwester wieder. Sie war ganz aufgedreht und verstand wohl noch nicht so richtig, was passiert war (sie war ja auch erst 17 ½ Monate alt).
Die dann folgende Wochenbettzeit verlief sehr ruhig und ganz harmonisch. Ich konnte viel liegen und das Baby bekuscheln und mich erholen.
Auch das Stillen klappte nach 24 Stunden wunderbar. Dachten wir zumindest alle...
Weil der Kleine nicht wirklich ausschied, mussten wir eine Woche nach der Geburt zum Nierensono, bei dem aber nichts gefunden wurde. Unser Arzt gab nur als Tipp, nun alle 2 Stunden anzulegen für mindestens 2 Tage.
So fanden wir heraus, dass unser Baby zwar aussah, als würde es schön trinken und man auch Schluckgeräusche zu hören meinte, es aber garnicht getrunken hatte...
Ein Kommentar einer Kollegin meines Mannes dazu war “ Jaja, den Bullenkälbern muss man das Euter auch oft erst zeigen, die Mädels findens meist von allein. Die sind da irgendwie schlauer...”