Meine ambulante Krankenhausgeburt

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Malou
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Meine ambulante Krankenhausgeburt

Beitragvon Malou » Di 1. Mai 2012, 21:04

Der errechnete Geburtstermin meines Sohnes war der 14. April 2010. Die Schwangerschaft verlief im großen und ganzen ganz normal, ich hab mich viel mit dem Thema Geburt auseinander gesetzt. Eigentlich wollte ich von vornherein eine Hausgeburt. Leider habe ich in der SEHR ländlichen Gegend in der wir zu der Zeit gewohnt haben, keine Hebamme gefunden die den "weiten" Weg für eine Hausgeburt auf sich genommen hat, oder aber die Hebammen machten Hausgeburten nur ab der zweiten Geburt...
Das nächste Geburtshaus war leider auch mindestens 1,5 Stunden entfernt und so blieb nur die Klinikgeburt übrig...
Damit die Geburt wenigstens ein bisschen so abläuft wie ich mir das erhoffte, habe ich einen Geburtsplan geschrieben, für den sich im KH aber leider keiner interessierte...

Samstag, 10. April 2010
Nachdem ich gestern meinen riesen Hausputz gemacht habe, war die Nacht gar nicht so toll. Ich hatte ziemlich starke Rückenschmerzen und die Senkwehen waren auch stärker als sonst. Auch heute fühle ich mich irgendwie total neben mir. Ich wehe ein bisschen vor mich hin. Nicht regelmäßig, noch gut auszuhalten, aber trotzdem unangenehm und vor allem anders, als die Senkwehen vorher... Ich denke es geht los. Freue mich, bin gespannt und vor allem ANgespannt.
Wir gehen ein bisschen spazieren, in der Hoffnung, dass das die Wehen antreibt und sie immer stärker und vor allem regelmäßiger werden. Wir kommen nicht sehr weit und vor allem nicht sehr schnell aber immerhin. Mittags sind wir wieder da. Der Tag will gar nicht vorbei gehen (wir sind eben ziemlich früh aufgestanden weil ich nicht mehr schlafen konnte...). Ich lege mich in die heiße Wanne um zu sehen ob die Wehen bleiben. Ich freue mich, als das so ist. Noch immer ist das ganze gut auszuhalten.
Den Rest des Tages verbringen wir in der Wohnung. Irgendwie hibbelig und unsicher - wann ist die beste Zeit um ins Krankenhaus zu fahren? Ich möchte auf keinen Fall dort ankommen und wieder nach Hause fahren müssen, weil es "falscher Alarm" ist... Ich spaziere immer wieder hin und her, lege mich wieder hin, versuche zu schlafen, hüpfe auf dem Pezziball. Die Wehen bleiben, kommen mal häufiger und mal seltener, aber sie bleiben.
Ich packe die letzten Sachen in die Kliniktasche und wir machen uns auf den Weg ins Krankenhaus. Die Wehen kommen ungefähr alle fünf Minuten und sind doch im Lauf des Tages immer stärker geworden. Ich bin total aufgeregt, schon ziemlich fertig und innerlich total am zittern. Teils vor Müdigkeit, aber auch vor Aufregung und innerlicher Anspannung. Irgendwie möchte ich nicht ins Krankenhaus...
Gegen 0 Uhr kommen wir im Krankenhaus an. Kaum bin ich aus dem Auto ausgestiegen kommt keine einzige Wehe mehr. An der Eingangstür zum Kreissaal kommt uns eine Hebamme entgegen die ich schon vom Vorbereitungskurs kenne. Ich bin so dankbar, dass sie da ist. Ein bekanntes Gesicht und ich freue mich, sie bei der Geburt dabei zu haben.
Wir gehen erstmal in einen Untersuchungsraum und sie schließt mich ans CTG an. Ich spüre keine Wehen mehr, denke "Das kann doch nicht war sein, nicht bei mir..."
Kathleen sagt, dass das oft vorkommt. Auf dem CTG sind nur ganz schwache Wehen zu sehen. Sie tastet noch nach dem Muttermund - kein Stück offen - das kann noch dauern. Vielleicht im Lauf des Sonntags, vielleicht geht es aber auch erst am Montag oder Dienstag weiter...
Sie rät uns noch mal nach Hause zu fahren, ein bisschen zu schlafen und Kraft zu tanken. Wir könnten natürlich auch im Krankenhaus bleiben, aber meistens könnten sich die Frauen zuhause besser entspannen und so kann es besser weiter gehen.
Hier bleiben will ich auf jeden Fall nicht. Ich bin total enttäuscht, könnte auf de Stelle losweinen, bin fertig, will nur noch schlafen und vor allem raus aus meiner Haut.
Als wir im Auto sitzen kann ich die Tränen nicht mehr halten... Denke dass ich total bescheuert bin und mir das ganze nur eingebildet hab, weil ich endlich M. in den Armen halten will.
Zuhause angekommen (irgendwann gegen halb zwei) gehen wir nur noch ins Bett. Kaum liege ich, fangen die Wehen wieder an und ich bekomme auch in dieser Nacht zusammengerechnet höchstens zwei Stunden schlaf.

Sonntag, 11. April 2010
Wieder stehen wir früh auf, wieder gehen wir spazieren, wieder verbringen wir den Tag hauptsächlich im Wohnzimmer. Gucken Schlag den Raab, verpassen genau die gleichen Stellen wie gestern, wegen Wehen-veratmen, Pezziball-hüpfen und hin-und-her-laufen. Die Wehen werden immer Stärker, sind aber nicht wirklich Regelmäßig. Von drei bis 10 Minuten ist alles dabei. Entspannen kann ich nicht mehr wirklich. Je weiter der Tag voranschreitet, desto mehr muss ich die Wehen veratmen. Ich brauche meinen Mann, der mir eine riesen Stütze ist. Er hält meine Hand, massiert mir zwischendurch den Rücken, bringt mir was ich brauche und macht mir Mut.
Er will immer wieder mit mir ins Krankenhaus fahren, ich nicht. Will nicht noch mal mit falschem Alarm dort landen und wieder nach Hause , bin mir aber auch total unsicher, wann wir endlich fahren sollen...
Gegen 20 Uhr war ich dann aber doch so fertig, dass ich gesagt hab: Lass uns fahren.
Gegen halb neun liege ich wieder am CTG. Eine sehr nette Hebamme hat mich aufgenommen und erstmal nach dem Muttermund geschaut. Er ist 3-4 cm geöffnet. Das ist für mich eine Hiobsbotschaft. Es geht also wirklich voran.
Die Hebamme meint, dass wir auf jeden Fall bleiben sollen, und das irgendwann in dieser Nacht unser Sohn geboren wird. Ob ich gerne baden würde, dann könnte ich mich gleich etwas im warmen Wasser entspannen. Ich bekomme noch ein Ultraschall von der Ärztin und einen bleibenden Zugang (natürlich ohne mich vorher zu fragen). Mein Mann holt unsere Sachen aus dem Auto. Kurz nachdem er wieder da ist (gegen 22 Uhr) verabschiedet sich die Hebamme. Schichtwechsel.
Ich hoffe auf eine neue Hebamme mit der ich gut zurecht komme - aber leider kommt eine rein, die mir schon bei der Kreissaalführung im Dezember total unsympathisch war... Trotzdem will ich ihr eine Chance geben. Sie meint, dass ich erstmal noch auf ein Zimmer soll. Am besten sollte mein Mann noch mal nach Hause fahren, denn meistens könnten die Frauen ohne die Männer viel besser entspannen - kein Wort mehr von Badewanne und Entspannung...
Es gäbe dann die Möglichkeit, dass ich mit einer anderen Frau auf ein Zimmer könnte (was mir aber total unangenehm wäre, weil ich ständig aufs Klo rennen muss und am stöhnen bin, beim Wehen veratmen), oder aber wir könnten zusammen auf ein normales Zimmer, wenn er denn unbedingt dableiben wolle. Es könnte aber sein, dass in der Nacht noch jemand eingeliefert würde und mein Mann so doch noch das Zimmer räumen müsste. Als dritte Möglichkeit gäbe es dann noch das Familienzimmer. Das müssten wir allerdings selbst bezahlen.
Wir brauchen gar nicht lang drüber zu reden. Ich will nicht alleine hier bleiben, finde es schon schlimm genug, dass wir überhaupt noch aufs Zimmer müssen und nicht direkt im Kreissaalbereich bleiben können, wie die Hebamme vorher ja gesagt hat. Wir wollen zusammen das Familienzimmer nehmen. Dort angekommen werde ich erstmal ganz normal aufgenommen mit Fieber messen und allem drum und dran. (Wofür das ganze?)
Ich soll ein bisschen zu schlafen (haha) um Kraft zu tanken. Wenn etwas wäre, sollen wir einfach nach der Schwester klingeln, damit die der Hebamme bescheid sagt.
Die Wehen wurden immer heftiger, an Schlaf war so gar nicht zu denken. Ich muss außerdem ständig aufs Klo rennen. Ständig quetsche ich die Hand meines Mannes oder seine Schulter. Ich frage nach einem Pezziball, will mich bewegen, das hilft mir am besten. Nein, den bekomme ich nicht, denn ich soll ja schlafen... Um halb eins kann ichs kaum noch aushalten. Wir klingeln nach der Hebamme. Sie kontrolliert noch mal den Muttermund. Immer noch bei 3-4 cm. Wieder so ein Rückschlag. Die Hebamme kommt mit einem Schmerzmitteltropf, damit ich endlich schlafen kann - soll. Eine Stunde liege ich im Bett und döse ab und zu ein bisschen weg. Als das Mittel nachlässt bin ich nur noch am zittern, fühle mich total unwohl, würde am liebsten weglaufen.
Wieder klingeln wir nach der Hebamme. Endlich ist der Muttermund ein bisschen weiter geöffnet. Ca. 6 cm. Wir gehen wieder in den Untersuchungsraum zum CTG. Die Wehen sind noch stärker geworden. Und wir sollen in den Kreißsaal gehen. Ich komme an den Wehentropf, damit die Wehen etwas stärker werden. Irgendwann soll ich dann wieder ans CTG. Das heißt wieder hinlegen, bewegen soll ich mich nicht. Schnell werden die Wehen immer stärker und kommen dichter. Ich habe kaum noch Wehenpausen. Bitte meinen Mann mir das Tuch von der Decke runterzuhängen, damit ich mich daran klammern kann. Seine Hand brauche ich kaum noch - die reicht mir nicht mehr zum quetschen.
Um halb sechs sieht die Hebamme noch mal nach dem Muttermund. 8 cm. Ich hab das Gefühl es ist schon viel mehr. Spüre einen riesigen Druck. Ich hab das Gefühl schon pressen zu müssen, was die Hebamme aber verneint. Der Muttermund sei erst bei 8 cm. Ich solle die Wehen veratmen. Frage mich allerdings wie - und schon ist sie wieder zur Tür raus. Nebenan liegt auch eine Frau in den Wehen (ungefähr genauso weit wie ich...)
Um ca. sechs Uhr haben die Hebammen Schichtwechsel. Das kriege ich noch nebenher mit. Bin so mit meinen Presswehen beschäftigt. Der Muttermund ist immer noch bei 8 cm. Ich darf immer noch nicht pressen, sagt die Hebamme die geht, und die die kommt meint nur trocken, ja dann pressen sie doch und geht nach nebenan in den anderen Kreißsaal. Ich fühle mich alleingelassen, merke gar nicht mehr wo mein Mann genau ist. Liege auf meinem Entbindungstisch und fühle mich wie ein Käfer auf dem Rücken. würde mich gerne irgendwie anders positionieren, aber ich schaffe nicht das zu äußern, so heftig sind die Wehen.
Mein Mann ist inzwischen auch ziemlich überfordert mit der Situation, klingelt bestimmt vier mal an der Notklingel, immer wieder kommt die Hebamme kurz rein, meint ich könne doch schon mal alleine pressen und geht wieder raus. Ich habe totale Panik, denke es zerreißt mich und habe Angst, dass das Baby halb draußen hängt ohne das die Hebamme dabei ist, ich weiß doch auch gar nicht genau wie ich pressen soll?!
Ich bin immer wieder am schreien und dann kommt doch die Hebamme mit der Ärztin. Es tut sich was. Ich presse (ich weiß nicht ob es 5 oder 7 Presswehen waren) schreie immer wieder und denke, dass ich das nicht schaffen kann. Irgendwann höre ich nur den Dammschnitt (die Schmerzen davon spüre ich kaum, der Druck und der Schmerz von dem Kopf sind viel stärker). Ich brülle nur noch: Komm raus da. Noch 1-2 Presswehen und mein Sohn ist da. Das Gefühl wieder der Kopf geboren wird ist Wahnsinn. Ein riesengroßer Druck, Schmerz und Gewalt, die das ganze unbeschreibliche machen. Nachdem der Kopf geboren ist, schlüpft der Rest einfach raus. Die Hebamme nimmt ihn Empfang. Ich strecke die Arme nach ihm aus, aber die Hebamme nabelt ihn einfach ab (das wollte mein Mann doch machen?!) und ich bekomme meinen kleinen Sohn kurz in die Arme gelegt, bevor sie ihn mit an den Untersuchungstisch nimmt. Die Nachgeburt wird noch geboren und dann hört man schon wie nebenan die andere Frau schreit. Die Hebamme rennt rüber und die Ärztin bleibt bei mir. Eine knappe Stunde näht sie an mir rum. Ich habe gar kein Zeitgefühl mehr. Das Nähen ist ziemlich schmerzhaft. Nebenan höre ich die Schreie und bin ziemlich froh, dass ich mein Kind zuerst bekommen hab, sonst hätte ich mit Sicherheit noch mehr Panik bekommen. Das äußere ich auch, da meint die Ärztin nur, sie könnte die Tür nicht zumachen, damit sie mithören kann ob sie drüben gebraucht würde (die beiden haben alleine Dienst in dieser Nacht).
Inzwischen wird M. gewogen, gemessen, gebadet und die U1 wird gemacht. Er ist 4140 Gramm schwer, hat einen Kopfumfang von 37 cm und ist 53 cm lang. Das ganze dauert mir viel zu lang. Ich möchte doch einfach mein Kind im Arm halten und angucken... Irgendwann dann ist er angezogen und eingepackt und wird mir in den Arm gelegt. Hübsch ist er nicht wirklich mit seinem lang gezogenen Kopf und der schrumpeligen Haut. Aber süß und trotz allem perfekt - ich habe ihn direkt in mein Herz geschlossen und möchte ihn nie wieder hergeben...
Ich wollte ihn dann direkt anlegen, damit er das stillen schnell lernen kann. Darüber kam die Hebamme dazu und meinte ich sollte ihn nicht anlegen und wenn dann höchstens fünf Minuten, sonst würde ich wunde Brustwarzen bekommen. Das war mir aber ziemlich egal. In der Zwischenzeit kam eine zweite Hebamme zur Schicht dazu und machte mir Mut ihn ruhig anzulegen. Sie hat mir dann dabei geholfen und immer mal wieder nach mir gesehen. (Genau wie die andere Hebamme, die aber immer nur am meckern war - ich solle das Kind endlich von der Brust nehmen). Die "nette" Hebamme kam noch einige male und fand es total gut, dass ich ambulant entbinden will und auch, dass ich keine PDA wollte. Das gäb es nur noch sehr selten...
Um halb zehn etwas bekamen wir dann ein Frühstück in den Kreißsaal gebracht. Ich war richtig ausgehungert... Hätte mindestens fünf Brötchen essen können...
Gegen zehn durfte ich dann endlich duschen. Mein lieber Hebammendrachen wollte mich nicht früher aufstehen lassen. Ich solle bloß langsam machen etc...
Um viertel vor elf kam dann endlich der Kinderarzt. Er hat M. noch mal durchgecheckt und meinte es wäre alles in Ordnung. Er hat uns noch einiges zur Kinderpflege zu Hause erklärt und dann endlich durften wir nach Hause fahren. Wir haben unseren kleinen Sohn gut eingepackt und sind um halb zwölf dann endlich mit ihm nach Hause gefahren, wo ich sofort ins Bett gefallen bin. Ein Start in meine Wochenbettzeit die ich so zu Hause voll und ganz genießen konnte.
„Wenn du ein Kind bekommst, darfst du eins nicht vergessen:
Dein Herz schlägt künftig außerhalb deines Körpers“
Katherine Hadley


:cap: 12.4.2010 - ambulante KH Geburt
:dreirad: 3.5.2012 - traumhafte Hausgeburt

:baby: 09/2015 - kraftvolle Alleingeburt

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Axomonster
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Re: Meine ambulante Krankenhausgeburt

Beitragvon Axomonster » Fr 18. Mai 2012, 06:53

Sie rät uns noch mal nach Hause zu fahren, ein bisschen zu schlafen und Kraft zu tanken. Wir könnten natürlich auch im Krankenhaus bleiben, aber meistens könnten sich die Frauen zuhause besser entspannen und so kann es besser weiter gehen.
Klar gehts besser zu Hause. Zurück in eure Höhlen, liebe Frauen, zum entspannten Gebären.

Oh man immer wenn ich von dieser Hebamme lese... :bissig:
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brummel
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Re: Meine ambulante Krankenhausgeburt

Beitragvon brummel » Fr 18. Mai 2012, 07:50

Toll, wie du die Geburt ganz alleine gemeistert hast!
Ich finde es total schrecklich wie du behandelt wurdest... dabei war das wahrscheinlich noch eine Geburt mit wenigen Interventionen.
Weißt du warum der Schnitt gemacht wurde?

Kannst du für ein nächstes Kind eine Hebamme finden?
Denn das ist für mich der Schluss den ich aus deiner Geschichte ziehe: lieber gleich zu Hause bleiben!
2 Hausgeburtskinder


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