Die Geburt unseres Frühstarters bei 36+1 SSW
Verfasst: Mi 26. Sep 2018, 10:08
22.09.18: 36+1 SSW, 5.30 Uhr
Nach einer für mich wie in den letzten Wochen typischen, durchwachten Nacht (ich habe in dieser Schwangerschaft massive Ein- u. Durchschlafstörungen. Kenne ich zwar aus den anderen Schwangerschaften auch, aber nicht in dem Maße: ich schlafe immer nur so 1,5h am Stück und komme insgesamt vielleicht auf so 4h die Nacht. Bin also zu diesem Zeitpunkt körperlich ziemlich ausgelaugt -> ideale Vorraussetzungen für eine Geburt in 4 Wochen ) werde ich gegen 3 Uhr von unserem fast 3 jährigen geweckt, er müsse Pippi. Ok, Kind auf die Toilette gehoben, schnell auf die Uhr geschaut, 3.30 Uhr, ok jetzt beginnt die Phase, in der ich noch am besten schlafe. Ich krieche also wieder in mein Bett.
Um kurz nach 5 Uhr werde ich wach, da etwas aus meiner Scheide läuft Ok, also bin ich jetzt undicht und habe ins Bett gemacht? Relativ schnell wird mir klar, Urin ist das nicht, dafür fließt es zu konstant, aber wenig. In meinem Hinterkopf ist zwar der Gedanke "Fruchtwasser", aber den verdränge ich ganz schnell. Ist ja quasi unmöglich: ich bin erst 36+1, nach meinen Berechnungen sogar erst 35+6, hatte überhaupt keine Probleme in der Schwangerschaft, die auf einen vorzeitigen Blasensprung hinweisen könnten (Infektion), alle anderen Kinder kamen in der 40. SSW, der 1. sogar in der 41.SSW und einen vorzeitigen Blasensprung hatte ich sowieso noch nie, immer erst unter Wehen.
Also gut, ich gehe erst mal auf Toilette und schaue dann mal. Auf Toilette...außer Urin meiner Meinung nach ...nichts. Ich stehe auf... und es plätschert auf die WC-Unterlage...klare Flüssigkeit... Ok, jetzt bin ich mir sicher, das ist Fruchtwasser... Ich habe einen Blasensprung. Erst mal muss ich mich wieder setzen. Bin total verwirrt. Am Donnerstag (heute ist Samstag) hat mich die Hebamme noch mal untersucht: Befund Muttermund butterweich, sie kann den Kopf fühlen, aber sie sagt gleich:" Das bedeutet jetzt nicht, dass er früher kommt!". Ich habe noch gesagt, soll er ja auch nicht. Ist ja viel zu früh und du bist auf Fortbildung. Ja, Hebamme nickt, sie ist auf Fortbildung das Wochenende. Das zur Vorgeschichte.
Auf Toilette sitzend versuche ich mich zu erinnern, was sie über den Kopf gesagt hat. Sitzt er fest? Darf ich rumlaufen? Ich weiß es nicht mehr... Schnappe mir ein Handtuch und lege mich auf´s Sofa und versuche die Hebamme unter Festnetz zu erreichen (die Festnetznr. hatte ich im Telefon schon gespeichert). Vielleicht ist sie ja noch nicht auf Fortbildung?! In diesem Moment bin ich völlig konfus. Ich kann mir den Blasensprung nicht erklären. Bin irgendwie der Meinung, dass irgendetwas nicht stimmt und bin auf einmal total unsicher, ob ich ihn überhaupt noch spüre. Horche in mich rein, wackele am Bauch...war da was? Ich bin unsicher...Dazu muss ich sagen, dass die letzte Schwangerschaft ja in einer Fehlgeburt endete (12. SSW), was bei mir immer noch Ängste zurückgelassen hat. Diese sind mit dem Verstand nicht zu erklären, denn die Fehlgeburt hat ja nun mal gar nichts mit einem vorzeitigen Blasensprung zu tun. Aber trotzdem, sie sind da. Ich bin total ängstlich.
Auf Festnetz kann ich die Hebamme nicht erreichen und jetzt fällt mir auf, dass ich ihre Handy-Nr. noch nicht habe Ich versuche es auf der Internet-Seite...nur Festnetz... Ok, denke ich mir, da sie wahrscheinlich ja eh auf Fortbildung ist, macht es jetzt keinen Sinn, weiter nach ihrer Handy-Nr. zu forschen. Was also tun? Ich will wissen, ob der Kopf fest sitzt. In unserem Ort wohnt noch eine Hebamme. Sie macht ausschließlich Nachsorgen und Geburtsvorbereitung. Wir sind locker befreundet, unsere Söhne waren in einer Klasse in der Grundschule und sie hat mich bei der letzten Fehlgeburt sehr unterstützt. Allerdings hatte ich in dieser Schwangerschaft noch keinen Kontakt zu ihr. Egal, 5.45 Uhr. Ich rufe sie an, erreiche sie auch gleich und erkläre ihr, dass ich einen Blasensprung hatte. Sie kommt gleich vorbei. Sie untersucht mich u. meint, dass der Kopf noch nicht ganz fest sitzt, ihr wäre es lieber, ich würde liegen bleiben. Herztöne vom Kind sind gut. Er lebt!
Wir besprechen, was wir machen. Sie selbst kann keine Hausgeburt begleiten u. meine Hausgeburtshebamme sei definitiv das ganze Wochenende weg auf Fortbildung, sie sei die Vertretung für sie für irgendwelche Anfragen etc. Ein Alleingeburt kommt für mich überhaupt nicht in Frage und selbst wenn meine Hausgeburtshebamme da gewesen wäre, ich selbst hätte bei 36+ 1 kein gutes Gefühl gehabt. Mein Mann schlägt das nächste Krankenhaus vor... nein, niemals, dort kann ich nicht gebären. Das weiß ich Typische, schulmedizinische Massenabfertigung. Die Hebamme schlägt ein anthroposophisches Krankenhaus vor 30 min Fahrtzeit entfernt mit hebammengeleitetem Kreißsaal, in dem sie selbst ihr letztes Kind bekommen hat. Tolle Idee! Ich bin direkt dafür. Witzigerweise hatte ich mir in der Schwangerschaft dieses Krankenhaus im Internet schon angeschaut für den Fall, dass es mit der Hausgeburt nicht klappt (Vorsehung?).
Da mein Mann das ganze Wochenende Rufbereitschaft hat, kommt Hebamme D. mit in die Klinik. Wir kommen dort an und lernen die Hebamme B.kennen, deren Schicht gerade begonnen hat. Mitte 50, sehr sympathisch, sehr entspannt. Sie untersucht mich, schreibt CTG, alles gut. Sie befragt mich zu den vorherigen Geburten, Schwangerschaften, bezieht auch gleich meine Fehlgeburten mit ein und wir klären versch. Eckpunkte ab (kein venöser Zugang, Wassergeburt ist mgl., Plazentageburt wird abgewartet, keine Oxytocin Gabe danach, weil ich Mehrgebärende bin etc.). Ich merke gleich, das passt. Hier fühle ich mich wohl, hier kann ich gebären. Da ich noch keine Wehen habe, bekomme ich ein Zimmer auf Station. Es ist ein Einzelzimmer mit Blick in die Bäume. Ich nehme das Bett am Fenster. Die Sonne scheint durch die Scheibe und ich bekomme das überwältigende Verlangen mich einfach in dieses Bett zu legen und zu schlafen. Und das mache ich dann auch. Ich schlafe und schlafe und schlafe (immer wieder unterbrochen von irgendwelchen Krankenschwestern u. Servicekräften trotz "Bitte nicht stören"-Schild an der Tür), aber gut. Ich döse immer wieder ein. Dazwischen esse ich etwas und lese in meinem Buch. Fühle mich wie im Urlaub. Muss nichts tun, nichts organisieren, nicht kümmern, nicht kochen, nicht vorbereiten, nicht putzen...einfach nur ruhen
Hebamme D. ist in der Zwischenzeit wieder nach Hause gefahren und auch meinem Mann sage ich, dass nur wenige Wehen sind und er ruhig weiter seinen Tag organisieren kann und nicht zu kommen braucht. Gegen 16 Uhr habe ich das Gefühl, jetzt habe ich genug geruht. Ich melde mich im Kreißsaal. Die Hebamme B. bietet mir an, ich könne noch etwas im Park spazieren gehen. Das mache ich und während des Spazierganges kommen immer wieder zarte Wehen bzw. Wellen. Ich habe mich in den letzten Wochen etwas mit Hypnobirthing beschäftigt und die Atmung u. Visualisierung klappt auch ganz gut. Ich telefoniere noch kurz mit meinem Ältesten. Sie sind alle bei Oma u. Opa. Es geht ihnen gut und auch hier kann ich sämtliche Verantwortung abgeben. Danach telefoniere ich noch mal mit meinem Mann. Das tut mir nicht so gut. Er will genau wissen zwecks Planung, wann das Kind kommt Ach Gott, es könnte auch erst morgen kommen. Das würde ihm aber gar nicht passen. Nein, ob ich nicht nach einem Wehentropf fragen kann Ich lege schnell wieder auf.
Im Treppenhaus zum Kreißsaal merke ich, dass die Wehen ganz langsam stärker werden. Hebamme B. untersucht mich auf mein Einverständnis hin. Muttermund 2 cm. Gut, ich weiß, dass ich meistens schnell eröffne. Sie möchte ein CTG schreiben. Ich kann das Schreiben in Linksseitenlage sehr gut tolerieren. Zwischen den Wehen schlafe ich auch immer wieder kurz ein, träume viel. Die Wehenabstände sind so 10-15 min und mit der Hypnobirthing Atmung komme ich gut klar. Für meinen Geschmack schreibt sie das CTG sehr lange. Unter der Wehe wären die Herztöne vom Kleinen nicht stabil. Ok, ich finde den Abfall wirklich nicht dramatisch und da ich wie gesagt sehr gut entspannen kann auch mit CTG, ist das in Ordnung.
Nach kurzer Zeit werden die Abstände kürzer, die Wehen nehmen an Fahrt zu. Ich habe das Bedürfnis rumzulaufen. Ich wechsele in den Kreißsaal auf eine Isomatte am Boden. Hebamme B. meint, ihr wäre es lieber, wenn ich nicht zu viel im Stehen und Rumlaufen verarbeite, da er eben noch sehr klein wäre und sie Bedenken habe, dass er sonst sehr schnell durch den Geburtskanal durchrauschen würde. Das leuchtet mir absolut ein. Ich hatte schon mal eine sehr schnelle Geburt beim 3. Kind und er u. ich haben unter dieser schnellen Geburt etwas "gelitten". Es klappt aber sehr gut im Sitzen auf der Isomatte, teilweise über den Ball gelegt. Ich versuche mir immer wieder vorzustellen, wie ich ganz weit werde, wie ich jede Wehe annehme, wie ich mich öffne, wie mein Atem durch mich fließt. Das klappt gut, allerdings schmerzfrei sind die Wehen nicht Aber gut auszuhalten.
Hebamme B. lässt mich auch immer wieder alleine. Das finde ich absolut in Ordnung. Bin dann ganz bei mir. Aber auch ihre Anwesenheit zwischendurch ist sehr angenehm. In den Wehenpausen macht sie kleine Mediationen mit mir und ich kann dabei ganz gut entspannen. Zwischendurch fragt sie mich, wie es denn mit meinem Mann aussehen würde. Ob sie in anrufen soll? Ich entscheide mich, dass er nicht dabei sein soll. Ich glaube sein Anwesenheit würde eher Druck bei mir aufbauen (schließlich muss das Kind ja heute noch geboren werden ).
B. lässt die Badewanne einlaufen. Ich schaue auf die Uhr: 18.43 Uhr. Plötzlich kommt B. rein und sagt mir sie müsse, N. noch vorstellen. Ich bin völlig verwirrt. Wer ist N.? Ja, ihre Ablösung. Um 19 Uhr wäre Schichtwechsel Ich schaue sie ungläubig an und meine nur, aber du bleibst doch bei mir. Sie ist etwas zerknirscht, sie müsse leider ihre Tochter abholen. Ich hatte schon gemerkt wie die Wehen langsam in eine andere Phase übergehen und dann will sie gehen?! Sie meint, willst du mal in die Badewanne. Wenn es schnell geht, dann bleibe ich noch für den Rest. Tolle Ankündigung Denke mir noch unter diesen Umständen kann es ja nur dauern...
Ich steige in die Badewanne ein. Setze mich in diese vorgefertigten Lücken. Eine Wehe kommt. Nein, ist das unangenehm. Alles hart und irgendwie glatt. Kurz denke ich mit Wehmut an meinen Geburtspool zu Hause. B. empfiehlt mir, mich hinzuhocken. Ja, das ist ok. So sitze ich gerne. Das Wasser ist mir zu kalt. Es hat irgendetwas mit 34 Grad. Ihrer Meinung immer noch zu warm für eine Wannengeburt. Ich hatte das anders gelesen. Die Temperatur sollte der Mutter angenehm sein, oder In dem Moment spüre ich wie sich mein Körper verändert. Ich spüre wie das Kind sich durch den Geburtskanal schiebt. Ich denke an Hypnobirthing, ich versuche nach unten zu Atmen und ihn zu unterstützen. Ich bin gespannt, beim 4. Kind war der Durchtritt des Kopfes extrem schmerzhaft. Ich dachte, ich zerreisse. Wie wird es dieses Mal? Ich bin ja das erste Mal im Wasser. Ich spüre einen immensen Druck. Ich spüre wie sich etwas Großes seinen Weg bahnt. Ich weiß jetzt schon, es wird nicht weh tun. Ich bin total euphorisch. Gleich ist er da. Ich könnte schon losjubeln, dabei ist der Kopf noch gar nicht geboren. In dem Moment spüre ich wie der Kopf durchtritt und eigentlich direkt danach der Körper. Er ist da, er ist im Wasser. Ich habe es geschafft. Ich habe ihn geboren. Ich nehme ihn aus dem Wasser in die Arme. Ich bin im Hormonflash. So stelle ich mir einen Drogenrausch vor. Mich durchströmen so viele Gefühle: Glück, Erleichterung, Stolz. Ich sitze in der Badewanne und jubele. So leicht, so schnell und so schön hatte ich es mir nicht vorgestellt. Auch dass ich ihn aufgenommen habe, fand ich wunderschön. Das habe ich nur bei meinem 3. gehabt und da war ja die Geburt so schnell, dass ich nur gezittert habe und völlig überfordert war.
Mein Kleiner quäckt ganz kurz und ist dann still. Er ist voller Käseschmiere. Er hat dunkelblonde Haare Gar nicht zerknautscht und einfach nur wunderschön. Perfekt. Mein Baby Ich will dann doch relativ schnell aus der Wanne raus, da es mir gerade für ihn so kalt erscheint. Wir steigen um ins Bett und warten dann in aller Ruhe auf die Gebärmutter. In dieser Zeit schaue ich mir mein kleines Wunder an, meinen kleinen Einschleicher, mit dem ich im Leben nie gerechnet hätte. Mein Spätsommerkind, das ich mir immer gewünscht habe, das aber als Oktoberkind von der Berechnung geplant war. Nach kurzer Zeit kommt die Gebärmutter. Ich finde sie sehr klein. Winzig regelrecht. Aber mir ist alle egal. Ich halte mein Kind im Arm und könnte die ganze Welt umarmen. Nach kurzer Zeit rufe ich meinen Mann, damit er sich auf den Weg macht. Er hat mir Gulasch gekocht in der Zeit, in der ich geboren habe. Das bringt er mir in den Kreißsaal mit. Und ganz ehrlich, das ist mir lieber, als seine Anwesenheit unter der Geburt. Das Gulasch war nämlich vorzüglich ...und ich hatte einen Bärenhunger
M.oritz P.hilipp geb. am 22.09.18 um 19.22 Uhr mit 2830 gr. u 52 cm
Nach einer für mich wie in den letzten Wochen typischen, durchwachten Nacht (ich habe in dieser Schwangerschaft massive Ein- u. Durchschlafstörungen. Kenne ich zwar aus den anderen Schwangerschaften auch, aber nicht in dem Maße: ich schlafe immer nur so 1,5h am Stück und komme insgesamt vielleicht auf so 4h die Nacht. Bin also zu diesem Zeitpunkt körperlich ziemlich ausgelaugt -> ideale Vorraussetzungen für eine Geburt in 4 Wochen ) werde ich gegen 3 Uhr von unserem fast 3 jährigen geweckt, er müsse Pippi. Ok, Kind auf die Toilette gehoben, schnell auf die Uhr geschaut, 3.30 Uhr, ok jetzt beginnt die Phase, in der ich noch am besten schlafe. Ich krieche also wieder in mein Bett.
Um kurz nach 5 Uhr werde ich wach, da etwas aus meiner Scheide läuft Ok, also bin ich jetzt undicht und habe ins Bett gemacht? Relativ schnell wird mir klar, Urin ist das nicht, dafür fließt es zu konstant, aber wenig. In meinem Hinterkopf ist zwar der Gedanke "Fruchtwasser", aber den verdränge ich ganz schnell. Ist ja quasi unmöglich: ich bin erst 36+1, nach meinen Berechnungen sogar erst 35+6, hatte überhaupt keine Probleme in der Schwangerschaft, die auf einen vorzeitigen Blasensprung hinweisen könnten (Infektion), alle anderen Kinder kamen in der 40. SSW, der 1. sogar in der 41.SSW und einen vorzeitigen Blasensprung hatte ich sowieso noch nie, immer erst unter Wehen.
Also gut, ich gehe erst mal auf Toilette und schaue dann mal. Auf Toilette...außer Urin meiner Meinung nach ...nichts. Ich stehe auf... und es plätschert auf die WC-Unterlage...klare Flüssigkeit... Ok, jetzt bin ich mir sicher, das ist Fruchtwasser... Ich habe einen Blasensprung. Erst mal muss ich mich wieder setzen. Bin total verwirrt. Am Donnerstag (heute ist Samstag) hat mich die Hebamme noch mal untersucht: Befund Muttermund butterweich, sie kann den Kopf fühlen, aber sie sagt gleich:" Das bedeutet jetzt nicht, dass er früher kommt!". Ich habe noch gesagt, soll er ja auch nicht. Ist ja viel zu früh und du bist auf Fortbildung. Ja, Hebamme nickt, sie ist auf Fortbildung das Wochenende. Das zur Vorgeschichte.
Auf Toilette sitzend versuche ich mich zu erinnern, was sie über den Kopf gesagt hat. Sitzt er fest? Darf ich rumlaufen? Ich weiß es nicht mehr... Schnappe mir ein Handtuch und lege mich auf´s Sofa und versuche die Hebamme unter Festnetz zu erreichen (die Festnetznr. hatte ich im Telefon schon gespeichert). Vielleicht ist sie ja noch nicht auf Fortbildung?! In diesem Moment bin ich völlig konfus. Ich kann mir den Blasensprung nicht erklären. Bin irgendwie der Meinung, dass irgendetwas nicht stimmt und bin auf einmal total unsicher, ob ich ihn überhaupt noch spüre. Horche in mich rein, wackele am Bauch...war da was? Ich bin unsicher...Dazu muss ich sagen, dass die letzte Schwangerschaft ja in einer Fehlgeburt endete (12. SSW), was bei mir immer noch Ängste zurückgelassen hat. Diese sind mit dem Verstand nicht zu erklären, denn die Fehlgeburt hat ja nun mal gar nichts mit einem vorzeitigen Blasensprung zu tun. Aber trotzdem, sie sind da. Ich bin total ängstlich.
Auf Festnetz kann ich die Hebamme nicht erreichen und jetzt fällt mir auf, dass ich ihre Handy-Nr. noch nicht habe Ich versuche es auf der Internet-Seite...nur Festnetz... Ok, denke ich mir, da sie wahrscheinlich ja eh auf Fortbildung ist, macht es jetzt keinen Sinn, weiter nach ihrer Handy-Nr. zu forschen. Was also tun? Ich will wissen, ob der Kopf fest sitzt. In unserem Ort wohnt noch eine Hebamme. Sie macht ausschließlich Nachsorgen und Geburtsvorbereitung. Wir sind locker befreundet, unsere Söhne waren in einer Klasse in der Grundschule und sie hat mich bei der letzten Fehlgeburt sehr unterstützt. Allerdings hatte ich in dieser Schwangerschaft noch keinen Kontakt zu ihr. Egal, 5.45 Uhr. Ich rufe sie an, erreiche sie auch gleich und erkläre ihr, dass ich einen Blasensprung hatte. Sie kommt gleich vorbei. Sie untersucht mich u. meint, dass der Kopf noch nicht ganz fest sitzt, ihr wäre es lieber, ich würde liegen bleiben. Herztöne vom Kind sind gut. Er lebt!
Wir besprechen, was wir machen. Sie selbst kann keine Hausgeburt begleiten u. meine Hausgeburtshebamme sei definitiv das ganze Wochenende weg auf Fortbildung, sie sei die Vertretung für sie für irgendwelche Anfragen etc. Ein Alleingeburt kommt für mich überhaupt nicht in Frage und selbst wenn meine Hausgeburtshebamme da gewesen wäre, ich selbst hätte bei 36+ 1 kein gutes Gefühl gehabt. Mein Mann schlägt das nächste Krankenhaus vor... nein, niemals, dort kann ich nicht gebären. Das weiß ich Typische, schulmedizinische Massenabfertigung. Die Hebamme schlägt ein anthroposophisches Krankenhaus vor 30 min Fahrtzeit entfernt mit hebammengeleitetem Kreißsaal, in dem sie selbst ihr letztes Kind bekommen hat. Tolle Idee! Ich bin direkt dafür. Witzigerweise hatte ich mir in der Schwangerschaft dieses Krankenhaus im Internet schon angeschaut für den Fall, dass es mit der Hausgeburt nicht klappt (Vorsehung?).
Da mein Mann das ganze Wochenende Rufbereitschaft hat, kommt Hebamme D. mit in die Klinik. Wir kommen dort an und lernen die Hebamme B.kennen, deren Schicht gerade begonnen hat. Mitte 50, sehr sympathisch, sehr entspannt. Sie untersucht mich, schreibt CTG, alles gut. Sie befragt mich zu den vorherigen Geburten, Schwangerschaften, bezieht auch gleich meine Fehlgeburten mit ein und wir klären versch. Eckpunkte ab (kein venöser Zugang, Wassergeburt ist mgl., Plazentageburt wird abgewartet, keine Oxytocin Gabe danach, weil ich Mehrgebärende bin etc.). Ich merke gleich, das passt. Hier fühle ich mich wohl, hier kann ich gebären. Da ich noch keine Wehen habe, bekomme ich ein Zimmer auf Station. Es ist ein Einzelzimmer mit Blick in die Bäume. Ich nehme das Bett am Fenster. Die Sonne scheint durch die Scheibe und ich bekomme das überwältigende Verlangen mich einfach in dieses Bett zu legen und zu schlafen. Und das mache ich dann auch. Ich schlafe und schlafe und schlafe (immer wieder unterbrochen von irgendwelchen Krankenschwestern u. Servicekräften trotz "Bitte nicht stören"-Schild an der Tür), aber gut. Ich döse immer wieder ein. Dazwischen esse ich etwas und lese in meinem Buch. Fühle mich wie im Urlaub. Muss nichts tun, nichts organisieren, nicht kümmern, nicht kochen, nicht vorbereiten, nicht putzen...einfach nur ruhen
Hebamme D. ist in der Zwischenzeit wieder nach Hause gefahren und auch meinem Mann sage ich, dass nur wenige Wehen sind und er ruhig weiter seinen Tag organisieren kann und nicht zu kommen braucht. Gegen 16 Uhr habe ich das Gefühl, jetzt habe ich genug geruht. Ich melde mich im Kreißsaal. Die Hebamme B. bietet mir an, ich könne noch etwas im Park spazieren gehen. Das mache ich und während des Spazierganges kommen immer wieder zarte Wehen bzw. Wellen. Ich habe mich in den letzten Wochen etwas mit Hypnobirthing beschäftigt und die Atmung u. Visualisierung klappt auch ganz gut. Ich telefoniere noch kurz mit meinem Ältesten. Sie sind alle bei Oma u. Opa. Es geht ihnen gut und auch hier kann ich sämtliche Verantwortung abgeben. Danach telefoniere ich noch mal mit meinem Mann. Das tut mir nicht so gut. Er will genau wissen zwecks Planung, wann das Kind kommt Ach Gott, es könnte auch erst morgen kommen. Das würde ihm aber gar nicht passen. Nein, ob ich nicht nach einem Wehentropf fragen kann Ich lege schnell wieder auf.
Im Treppenhaus zum Kreißsaal merke ich, dass die Wehen ganz langsam stärker werden. Hebamme B. untersucht mich auf mein Einverständnis hin. Muttermund 2 cm. Gut, ich weiß, dass ich meistens schnell eröffne. Sie möchte ein CTG schreiben. Ich kann das Schreiben in Linksseitenlage sehr gut tolerieren. Zwischen den Wehen schlafe ich auch immer wieder kurz ein, träume viel. Die Wehenabstände sind so 10-15 min und mit der Hypnobirthing Atmung komme ich gut klar. Für meinen Geschmack schreibt sie das CTG sehr lange. Unter der Wehe wären die Herztöne vom Kleinen nicht stabil. Ok, ich finde den Abfall wirklich nicht dramatisch und da ich wie gesagt sehr gut entspannen kann auch mit CTG, ist das in Ordnung.
Nach kurzer Zeit werden die Abstände kürzer, die Wehen nehmen an Fahrt zu. Ich habe das Bedürfnis rumzulaufen. Ich wechsele in den Kreißsaal auf eine Isomatte am Boden. Hebamme B. meint, ihr wäre es lieber, wenn ich nicht zu viel im Stehen und Rumlaufen verarbeite, da er eben noch sehr klein wäre und sie Bedenken habe, dass er sonst sehr schnell durch den Geburtskanal durchrauschen würde. Das leuchtet mir absolut ein. Ich hatte schon mal eine sehr schnelle Geburt beim 3. Kind und er u. ich haben unter dieser schnellen Geburt etwas "gelitten". Es klappt aber sehr gut im Sitzen auf der Isomatte, teilweise über den Ball gelegt. Ich versuche mir immer wieder vorzustellen, wie ich ganz weit werde, wie ich jede Wehe annehme, wie ich mich öffne, wie mein Atem durch mich fließt. Das klappt gut, allerdings schmerzfrei sind die Wehen nicht Aber gut auszuhalten.
Hebamme B. lässt mich auch immer wieder alleine. Das finde ich absolut in Ordnung. Bin dann ganz bei mir. Aber auch ihre Anwesenheit zwischendurch ist sehr angenehm. In den Wehenpausen macht sie kleine Mediationen mit mir und ich kann dabei ganz gut entspannen. Zwischendurch fragt sie mich, wie es denn mit meinem Mann aussehen würde. Ob sie in anrufen soll? Ich entscheide mich, dass er nicht dabei sein soll. Ich glaube sein Anwesenheit würde eher Druck bei mir aufbauen (schließlich muss das Kind ja heute noch geboren werden ).
B. lässt die Badewanne einlaufen. Ich schaue auf die Uhr: 18.43 Uhr. Plötzlich kommt B. rein und sagt mir sie müsse, N. noch vorstellen. Ich bin völlig verwirrt. Wer ist N.? Ja, ihre Ablösung. Um 19 Uhr wäre Schichtwechsel Ich schaue sie ungläubig an und meine nur, aber du bleibst doch bei mir. Sie ist etwas zerknirscht, sie müsse leider ihre Tochter abholen. Ich hatte schon gemerkt wie die Wehen langsam in eine andere Phase übergehen und dann will sie gehen?! Sie meint, willst du mal in die Badewanne. Wenn es schnell geht, dann bleibe ich noch für den Rest. Tolle Ankündigung Denke mir noch unter diesen Umständen kann es ja nur dauern...
Ich steige in die Badewanne ein. Setze mich in diese vorgefertigten Lücken. Eine Wehe kommt. Nein, ist das unangenehm. Alles hart und irgendwie glatt. Kurz denke ich mit Wehmut an meinen Geburtspool zu Hause. B. empfiehlt mir, mich hinzuhocken. Ja, das ist ok. So sitze ich gerne. Das Wasser ist mir zu kalt. Es hat irgendetwas mit 34 Grad. Ihrer Meinung immer noch zu warm für eine Wannengeburt. Ich hatte das anders gelesen. Die Temperatur sollte der Mutter angenehm sein, oder In dem Moment spüre ich wie sich mein Körper verändert. Ich spüre wie das Kind sich durch den Geburtskanal schiebt. Ich denke an Hypnobirthing, ich versuche nach unten zu Atmen und ihn zu unterstützen. Ich bin gespannt, beim 4. Kind war der Durchtritt des Kopfes extrem schmerzhaft. Ich dachte, ich zerreisse. Wie wird es dieses Mal? Ich bin ja das erste Mal im Wasser. Ich spüre einen immensen Druck. Ich spüre wie sich etwas Großes seinen Weg bahnt. Ich weiß jetzt schon, es wird nicht weh tun. Ich bin total euphorisch. Gleich ist er da. Ich könnte schon losjubeln, dabei ist der Kopf noch gar nicht geboren. In dem Moment spüre ich wie der Kopf durchtritt und eigentlich direkt danach der Körper. Er ist da, er ist im Wasser. Ich habe es geschafft. Ich habe ihn geboren. Ich nehme ihn aus dem Wasser in die Arme. Ich bin im Hormonflash. So stelle ich mir einen Drogenrausch vor. Mich durchströmen so viele Gefühle: Glück, Erleichterung, Stolz. Ich sitze in der Badewanne und jubele. So leicht, so schnell und so schön hatte ich es mir nicht vorgestellt. Auch dass ich ihn aufgenommen habe, fand ich wunderschön. Das habe ich nur bei meinem 3. gehabt und da war ja die Geburt so schnell, dass ich nur gezittert habe und völlig überfordert war.
Mein Kleiner quäckt ganz kurz und ist dann still. Er ist voller Käseschmiere. Er hat dunkelblonde Haare Gar nicht zerknautscht und einfach nur wunderschön. Perfekt. Mein Baby Ich will dann doch relativ schnell aus der Wanne raus, da es mir gerade für ihn so kalt erscheint. Wir steigen um ins Bett und warten dann in aller Ruhe auf die Gebärmutter. In dieser Zeit schaue ich mir mein kleines Wunder an, meinen kleinen Einschleicher, mit dem ich im Leben nie gerechnet hätte. Mein Spätsommerkind, das ich mir immer gewünscht habe, das aber als Oktoberkind von der Berechnung geplant war. Nach kurzer Zeit kommt die Gebärmutter. Ich finde sie sehr klein. Winzig regelrecht. Aber mir ist alle egal. Ich halte mein Kind im Arm und könnte die ganze Welt umarmen. Nach kurzer Zeit rufe ich meinen Mann, damit er sich auf den Weg macht. Er hat mir Gulasch gekocht in der Zeit, in der ich geboren habe. Das bringt er mir in den Kreißsaal mit. Und ganz ehrlich, das ist mir lieber, als seine Anwesenheit unter der Geburt. Das Gulasch war nämlich vorzüglich ...und ich hatte einen Bärenhunger
M.oritz P.hilipp geb. am 22.09.18 um 19.22 Uhr mit 2830 gr. u 52 cm